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Ukrainische Orthodoxie auch liturgisch gespalten

Die autokephale Orthodoxie schließt sich der Kalenderreform des Ökumenischen Patriarchats an. Die in Bedrängnis geratene ukrainische Orthodoxie des Moskauer Patriarchats bleibt bei der russischen Tradition.
Höhlenkloster Kiew
Foto: IMAGO/STR (www.imago-images.de) | Die autokephale „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU) vollzieht eine Kalenderreform und feiert die Feste künftig nach dem Neujulianischen Kalender.

Die vom Ökumenischen Patriarchat errichtete, autokephale „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU) vollzieht eine Kalenderreform und feiert Weihnachten künftig am 24./25. Dezember, nicht wie bisher am 6./7. Januar. Sie setzt sich damit bewusst von der Russisch-Orthodoxen Kirche ab, die weiterhin am Julianischen Kalender festhält. Auf ihrem Synod im Kiewer Höhlenkloster beschlossen die Bischöfe der OKU bei einer Gegenstimme, mit Beginn des neuen Kirchenjahres am 1. September den Julianischen Kalender durch den sogenannten Neujulianischen Kalender zu ersetzen. Dieser ist eng an den Gregorianischen Kalender des Westens angelehnt.

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Lange diskutierte Reform

Mit dieser Änderung werden die unbeweglichen Feiertage der ukrainischen Orthodoxe Kirchen, die an bestimmte Kalendertage gebunden sind, fortan zeitgleich mit Katholiken und Protestanten gefeiert, also auch mit der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine, die eine ähnliche Kalenderreform bereits im Februar beschloss. Das Oberhaupt der OKU, Metropolit Epifanij, erklärte auf Facebook, dass über die Kalenderreform seit Jahren diskutiert werde.

Besonders seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sei es ein Problem, dass der Julianische Kalender zunehmend mit der russischen Kirchenkultur in Verbindung gebracht wird: „Der Wunsch, unsere ukrainische geistige Identität zu bewahren und zu bekräftigen und uns vor der Aggression der 'russischen Welt' zu schützen, erfordert daher eine dringende Entscheidung: Wir müssen uns der Mehrheit der Orthodoxen anschließen und den Neujulianischen Kalender einführen“, schrieb Epifanij. Diese Entscheidung sei von der Mehrheit der Kirchenmitglieder und der Ukrainer erwartet worden.

Liturgische Spaltung

Dagegen hält die „Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats“, die sich zwar für autonom erklärte, aber weiter in kanonischer Einheit mit der russischen Orthodoxe Kirchen steht, weiterhin am Julianischen Kalender fest. Die UOK-MP hält also auch liturgisch an der russischen Tradition fest, während sich die konkurrierende OKU einem Trend in der weltweiten Orthodoxe Kirchen anschließt.

Nach dem Neujulianischen Kalender richten sich nämlich auch die orthodoxen Patriarchate von Konstantinopel, Alexandria und Antiochien sowie die orthodoxen Kirchen von Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Finnland und Albanien. Dagegen halten die russisch-orthodoxe Kirche, das Patriarchat von Jerusalem sowie die orthodoxen Kirchen von Serbien und Georgien am Julianischen Kalender fest. DT/jmo/sba

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