Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Trotz Versprechen des neuen Regimes

Syrische Christen zur Konversion aufgerufen

In manchen Regionen Syriens kommt es laut dem Hilfswerk „Kirche in Not“ zu Segregationen, erzwungenen Verschleierungen, Konversionszwang und Überfällen gegen Christen.
Weihnachten in Syrien
Foto: IMAGO/Osama Al Maqdoni (www.imago-images.de) | Zunehmend unter Druck: Syrische Christen zünden an Heiligabend Kerzen in einer Kirche in Damaskus an.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes kommt es in Syrien offenbar zu Einschränkungen der Religionsfreiheit von Christen. Wie das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) am Montag berichtet, würden diese Diskriminierungen durch Islamisten vereinzelt und in bestimmten Regionen des Landes gehäuft auftreten. Bislang könnten keine verallgemeinerten Aussagen über den Umgang mit den Christen getroffen werden: Es gebe regional große Unterschiede.

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Laut lokalen Quellen des Hilfswerks in Syrien komme es an „einigen Orten“ etwa zur Einrichtung „getrennter Sitzplätze für Frauen und Männer in öffentlichen Verkehrsmitteln“. Mancherorts werde auch die Pflicht zur Verschleierung für Frauen wieder aktiv durchgesetzt. Laut der Erklärung von „Kirche in Not“ würde die fehlende einheitliche Verwaltung nach dem Umsturz den Erfolg dieser Maßnahmen bedingen.

Auch in christlichen Gebieten gibt es Vorfälle

Besonders prekär sei die Lage der Christen in den westsyrischen Städten Homs und Hama: „Die Menschen vermeiden es, nach 17 Uhr auf die Straßen zu gehen. Es sind Dschihadisten unterwegs, die mit Megafonen die Menschen dazu aufrufen, zum Islam überzutreten“, erklären die Ansprechpartner dem Hilfswerk ACN. Frauen, die in der Öffentlichkeit unverschleiert auftreten, seien starker Kritik in der Öffentlichkeit ausgesetzt. „Die Angst dort ist sehr groß. Viele Christen bleiben zu Hause und können nicht zur Arbeit.“

Ganz andere Zustände werden aus dem Grenzgebiet zum Libanon berichtet, wo die Bevölkerungsmehrheit christlich ist. Im sogenannten „Tal der Christen“ gehe es „weitgehend friedlich“ zu. Nur auf den Zufahrtsstraßen komme es zu Zwischenfällen. „Es gibt Fälle, in denen Christen an Straßensperren aufgefordert wurden, zum Islam zu konvertieren. Wenn sie sich weigern, werden sie an der Weiterfahrt gehindert“, berichte ein Ansprechpartner über die Vorfälle. Vereinzelte Reisende seien sogar ausgeplündert worden.

Die Stimmung ist „vorsichtig optimistisch“

Trotzdem die islamistischen Machthaber nach dem Regimewechsel erklärt hatten, dass sie die Religionsfreiheit respektieren wollen, betrachteten viele Christen diese Zusage nach wie vor „mit Skepsis“, so ACN. Trotzdem meldeten die Ansprechpartner eine Stimmung, die „vorsichtig optimistisch“ sei, während das Hilfswerk seine Informationsquellen „aus Sicherheitsgründen anonym“ halten müsse.

In der Hauptstadt Damaskus, die ein medialen und politischen Fokuspukt darstellt, sei das neue Regime „auf ein positives Image bedacht“, zitiert das Hilfswerk einen Kontakt. „Dennoch gibt es einzelne Vorfälle, wie die Aufforderung an Frauen, einen Schleier zu tragen oder das Verbot für Frauen und Männer, nicht gemeinsam auf die Straße zu gehen, wenn sie nicht miteinander verwandt sind.“ Informationen über ähnliche Zwischenfälle kämen auch aus Aleppo im Norden des Landes.

Angebote zur Zusammenarbeit von Kirchenvertretern

Verschiedene Kirchenvertreter hätten dem neuen Regime mittlerweile ihren Willen zur Zusammenarbeit bekundet. Die islamistischen Machthaber hatten im Rahmen mehrerer Gesprächen den Christen versichert, ihre Rechte in vollem Umfang zu respektieren und wiederholt auf den Status der Christen als integralen und jahrhundertealten Bestandteil der syrischen Gesellschaft hingewiesen, bemerkte ein kirchlicher Ansprechpartner gegenüber ACN: Die Christen würden sich nicht damit zufriedengeben, als „religiöse Minderheit abgestempelt oder als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden“.

Die Stimmung der Christen vor Ort sei laut den lokalen Ansprechpartnern von ACN hoffnungsvoll: „Wir sind froh, dass das Assad-Regime gestürzt ist, und wir hoffen auf ein besseres Syrien. Aber wir sollten nicht als gegeben annehmen, dass jetzt alles in Ordnung ist.“ Besonders vor dem Hintergrund einer neu aufzusetzenden Verfassung fordert die christliche Gemeinschaft in Syrien mit allen anderen ethnischen und religiösen Gruppen ihre Gleichberechtigung. (DT/jmo)

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