In kaum einer Region der Welt hat sich die Lage der Religionsfreiheit verbessert. Christen sind die am meisten verfolgte Glaubensgemeinschaft der Welt. Das geht aus dem neuen Weltverfolgungsindex hervor, den das internationale Hilfswerk „Open Doors“ am 15. Januar 2025 veröffentlicht hat.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatte das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ in der Neuauflage des Berichts „Verfolgt und Vergessen?“ Verstöße gegen das Menschenrecht Religionsfreiheit angeprangert. Verfolgung und Diskriminierung betreffe aber nicht nur Christen, sondern auch Angehörige anderer religiöser Minderheiten, hieß es ausdrücklich. Der Bericht, den das Hilfswerk alle zwei Jahre herausgibt, liefert für den Zeitraum von Sommer 2022 bis Sommer 2024 globale und regionale Analysen von Christen in 18 Ländern.
Dramatische Lage in Syrien noch nicht berücksichtigt
Der neue Weltverfolgungsindex von „Open Doors“ deckt in seiner aktuellen Ausgabe den Berichtszeitraum vom 1.10.2023 bis zum 30.09.2024 ab. Die jährliche Rangliste informiert über die Lage verfolgter und diskriminierter Christen in 78 Ländern. Insgesamt sind demnach weltweit 380 Millionen Christen wegen ihres Glaubens in hohem Maße Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt, schreibt „Open Doors“.
Aufgelistet sind jene 50 Länder, in denen Christen besonders brutal wegen ihres Glaubens verfolgt und diskriminiert werden. Als „Treiber der Verfolgung“ nennt das Hilfswerk autokratische Systeme wie Nordkorea, China und die Türkei. Bedingt durch den Berichtszeitraum spiegelt die Dokumentation allerdings nicht die derzeitige Lebenswirklichkeit nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien wieder.
Zu den größten globalen Herausforderungen für Christen zählt wie schon im Vorjahr das hohe Maß tödlicher Gewalt in weiten Teilen des afrikanischen Kontinents. Die Entwicklung hat sich fortgesetzt und mit dem Tschad auch das zweite Land erfasst, das neben Kirgisistan neu auf dem Index ist. Islamistische Gewalt gegen Christen charakterisiert deren Verfolgung südlich der Sahara. In 26 Ländern wurde die Verfolgung und Diskriminierung von Christen als mindestens „hoch“ eingestuft. 15 dieser Länder wiesen in der Unterkategorie Gewalt einen „extrem hohen“ Wert auf. Im Vorjahr waren 13 Länder der Kategorie „extrem hohe“ Gewalt zugeordnet.
Wachsender Einfluss Pekings auf autokratische Regime in Afrika
Ausschlaggebend für den allgemeinen Anstieg der Gewalt war dem Weltverfolgungsindex zufolge eine Zunahme der Angriffe auf Kirchen, christliche Häuser und Geschäfte. In Äthiopien etwa sei die Zahl der Angriffe auf Kirchen und öffentliche christliche Einrichtungen wie Schulen im Jahresvergleich von 22 auf 284 angestiegen. Vor allem in Nigeria leiden Christen „unter einer zermürbenden Gemengelage aus ethnisch-religiösen Anfeindungen, islamischer Unterdrückung, diktatorischer Paranoia und organisiertem Verbrechen und Korruption“, heißt es in dem Bericht.
Als alarmierend nennt das in Kelkheim (Taunus) ansässige Hilfswerk den wachsenden Einfluss Pekings auf autokratische Regime in Afrika durch Infrastruktur, Technologie und Ausbildung. Chinas Regierung habe Afrika als den wichtigsten Markt für den direkten Export seines autoritären Regierungsmodells erwählt. Laut dem Weltverfolgungsindex hat die Kommunistische Partei Chinas auf einem neuen Campus in Tansania ihre erste Auslandsakademie eröffnet, die sich der Ausbildung politischer Führungskräfte nach dem Modell Pekings widmet: Ziel sei die Verschmelzung von Einparteienherrschaft mit Wirtschafts- und Sozialplanung. Politische Parteien aus sechs afrikanischen Ländern bildeten die ersten Kader der Akademie.
Open Doors sieht auch Zeichen der Hoffnung
Ausländischer Einfluss in Afrika kam während des Berichtszeitraums auch aus Russland – genauer gesagt von der Wagner-Gruppe, einem privaten paramilitärischen Unternehmen, von dem allgemein angenommen wird, dass es intensive Verbindungen zum Putin-Regime hat. Die Gruppe, die sich heute „Afrika-Korps“ nennt, hat sich zu einer der am meisten gefürchteten Organisationen in der Sahelzone entwickelt, insbesondere in Burkina Faso, Mali und anderen Ländern, in denen ihre Präsenz spürbar war oder ist. Ihr Einfluss hat den Raum für Christen erheblich eingeschränkt, heißt es in dem Bericht von „Open Doors“. Es sei gefährlich geworden, sich gegen staatliche Ungerechtigkeiten oder die von Wagner verübten Grausamkeiten auszusprechen.
Markus Rode, der Leiter von Open Doors Deutschland, sieht trotz deutlich zunehmender Verfolgung auch Zeichen der Hoffnung. „Ich bin dankbar, dass Millionen verfolgter Christen ihren Glauben nicht aufgeben oder verleugnen, auch wenn bereits viele Christen in westliche Länder geflohen sind.“
Laut Rode finden parallel immer mehr Hindus, Muslime und Buddhisten neue Hoffnung im christlichen Glauben, auch wenn sie deshalb massiv von ihren eigenen Familien, religiösen Extremisten und autokratischen Regierungen verfolgt werden. „Ich wünschte mir ‒ und hier spreche ich für Millionen verfolgter Christen –, dass auch die freie Presse und demokratische Regierungen ihre Stimme für sie erheben und auf das Unrecht aufmerksam machen. Das kommt leider noch viel zu selten vor, könnte jedoch wesentlich zu ihrem Schutz beitragen“.
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