Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung

Sieg für Lebensschutz

In Argentinien bleiben Abtreibungen verboten. Doch die Befürworter lassen nicht locker. Von Stefan Rehder
Argentinien Abtreibung
Foto: dpa | Jubel bei den Siegern. Aber die andere Seite hat noch nicht aufgegeben.

Mehr als 17 Stunden lang debattierte der argentinische Senat am vergangenen Mittwoch eine Gesetzesvorlage, die im Heimatland von Papst Franziskus eine Fristenregelung einführt hätte. Abtreibungen sind in Argentinien grundsätzlich verboten. Ausnahmen gibt es, wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft das Leben der Mutter gefährdet oder sie zuvor Opfer einer Vergewaltigung wurde. Dabei zählt die kleine Kammer des argentinischen Parlaments gerade einmal 72 Senatoren– drei für jede Provinz sowie drei für die autonome Hauptstadt Buenos Aires. In den frühen Morgenstunden des Donnerstags fiel dann die Entscheidung: Mit 38 gegen 31 Stimmen lehnten die Senatoren den Gesetzentwurf ab. Zwei Senatoren enthielten sich, einer gab seine Stimme gar nicht ab.

Dergleichen wäre in Deutschland undenkbar. Nicht einmal im Deutschen Bundestag, der ganze 709 Abgeordnete zählt, kann man sich eine derart ausführliche Debatte vorstellen. Nicht einmal zur Euro- oder zur Bankenrettung.

Südamerikanische Leidenschaft konnte auch vor dem Parlamentsgebäude besichtigt werden, wo Abtreibungsbefürworter in Grün und Abtreibungsgegner in Blau – von Barrikaden getrennt – die ganze Nacht über demonstrierten. Farben, die jeweils mit Bedacht gewählt worden waren. Während die Abtreibungsbefürworter mit der Farbe Grün ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, der siebte Anlauf in Folge könne das geltende weitreichende Abtreibungsverbot zu Fall bringen, trugen die Lebensrechtler, die ihr Anliegen der Fürsprache der Gottesmutter empfohlen hatten, deren liturgische Farbe durch die Straßen der argentinischen Hauptstadt.

Ob himmlischer Beistand nötig war, kann kein Mensch mit Gewissheit sagen. Jedenfalls standen die Abtreibungsbefürworter noch nie so nah vor dem Ziel wie dieses Mal. Bereits im Juni hatte die Gesetzesvorlage, die vorgeburtliche Kindstötungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche legalisiert hätte, knapp die Abgeordnetenkammer passiert. Mit 129 zu 125 Stimmen votierte das Unterhaus damals für das Vorhaben, das die Kosten für die Durchführung der dann legalen Abtreibungen dem öffentlichen Gesundheitssystem aufgebürdet hätte. Und nachdem Argentiniens Präsident Mauricio Macri im Vorfeld erklärte hatte, er lehne Abtreibungen zwar persönlich ab, werde aber, wenn die Gesetzesvorlage in beiden Kammern eine Mehrheit erringen sollte, von seinem Vetorecht keinen Gebrauch machen, konnten nur noch die Senatoren die Einführung der Fristenregelung in Argentinien verhindern.

Wirkung auf den ganzen Kontinent

Und die hätte ohne Zweifel eine Signalwirkung für ganz Lateinamerika entfaltet. Denn bislang besitzen dort nur Guyana, Kuba, Uruguay und Mexiko-Stadt eine Fristenregelung. In El Salvador, Haiti, Honduras, Nicaragua und Surinam sind vorgeburtliche Kindstötungen dagegen noch ausnahmslos verboten. In allen anderen lateinamerikanischen Staaten existiert zumindest ein grundsätzliches Abtreibungsverbot. Ausnahmen gibt es, wenn das Leben der Mutter durch die Fortsetzung der Schwangerschaft gefährdet ist, etwa in Costa Rica, der Dominikanischen Republik, in Guatemala, Mexiko, Panama, Paraguay und Venezuela oder die Schwangere zuvor Opfer einer Vergewaltigung wurde (zum Beispiel in Brasilien, Ecuador, Kolumbien und Peru) und das Kind so schwer geschädigt ist, das ein Überleben der Geburt als unwahrscheinlich gelten muss (zum Beispiel in Chile).

Zeit sich auszuruhen, haben Lebensrechtler jedoch auch in Argentinien nicht. Die Abtreibungslobby hat bereits ihren nächsten Anlauf angekündigt. Es wäre mittlerweile ihr achter.

Themen & Autoren
Deutscher Bundestag Mauricio Macri Papst Franziskus Schwangerschaftsabbruch Vergewaltigung

Weitere Artikel

Alabamas Parlament begeht einen Fehler, der symptomatisch für die Politik und Kultur der Gegenwart ist. 
02.03.2024, 12 Uhr
Stefan Rehder
In den Umfragen zur Präsidentschaftswahl führt der als „ultra-liberal" geltende Javier Milei. Dennoch zeichnet sich eine Stichwahl ab.
20.10.2023, 15 Uhr
José García

Kirche

Die Heilsquelle der Christen betrachten: Das Kreuz steht im Mittelpunkt authentischer Kirchenreformen.
28.03.2024, 21 Uhr
Regina Einig