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„Religiös unmusikalisch oder blind“: Kritik an Entwicklungsministerin Schulze

In Pakistan leiden Christen unter religiöser Verfolgung – die Bundesregierung ignorierte das Thema beim Besuch Schulzes jedoch. Missio Aachen kritisiert das Vorgehen scharf.
Svenja Schulze mit dem pakistanischen Minister für wirtschaftliche Angelegenheiten
Foto: Thomas Imo (www.imago-images.de) | Tabuthema Christenverfolgung? Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze (SPD) mit dem pakistanischen Minister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Bei ihrer Reise nach Pakistan Ende August hat Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) offenbar einen Bogen um das Thema Religionsfreiheit gemacht. Dies geht aus einem Beitrag des missio-Aachen-Präsidenten Dirk Bingener auf dem Portal „katholisch.de“ hervor. Wie der Präsident des katholischen Hilfswerks schreibt, habe ihm das Entwicklungshilfeministerium auf Anfrage geantwortet, das Thema Religionsfreiheit und die Lage religiöser Minderheiten im Land „wurde im Zuge der Reise nicht in den Gesprächen aufgegriffen“. Stattdessen sei es um „menschenwürdige Arbeitsbedingungen, faire Löhne und eine umweltschonende Produktion“ gegangen.

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Auch gegenüber dieser Zeitung übt missio an der Zielsetzung der Ministerin nun scharfe Kritik: Die „Nicht-Ansprache des Themas Religionsfreiheit und der schwierigen Lage der religiösen Minderheiten, insbesondere der Christen“ zeige „über diesen Einzelfall hinaus ein grundlegendes Problem der Politik – und nicht allein der derzeitigen Bundesregierung – in Deutschland“: Sie unterschätze nämlich, so missio-Pressesprecher Johannes Seibel, „fahrlässig die Rolle der Religion und des Glaubens als eine politische Kraft, die die Gesellschaften und den Alltag jedes einzelnen Menschen im globalen Süden durchdringt.“

Schädliche deutsche Brille

Der regelmäßige Missbrauch der Blasphemiegesetze in Pakistan sei „kein randständiges politisches Problem“, schreibt Seibel: „Die Blasphemiegesetze und ihr Missbrauch in Pakistan durch islamistische, fundamentalistische Kräfte ist nicht allein eine schlimme Menschenrechtsverletzung, sondern destabilisiert politisch und gesellschaftlich das gesamte Land. Deshalb gehört das Thema auf die Tagesordnung einer deutschen Entwicklungsministerin. Es geht hier nicht um Klientelpolitik für Christinnen und Christen, sondern um etwas eminent Politisches, das über Leben und Tod von Menschen in Pakistan entscheidet.“ 

Doch warum die Missachtung? Für Seibel ist die säkulare deutsche Prägung verantwortlich: „Wir merken oft, dass deutsche Politikerinnen und Politiker – über alle Parteigrenzen hinweg und es gibt Ausnahmen – mit ihrer sehr deutschen Brille Religion, Glauben und die Arbeit der Kirche als bloße Privatsache, wenn nicht sogar rückständiges Verhalten weniger Menschen sehen. Sie übertragen ihre eigenen deutschen Erfahrungen, ihr säkulares Bild von Religion und Kirche umstandslos auf die Welt.“ Und weiter: „Wer religiös unmusikalisch oder blind ist, wer sich nicht auskennt im Christentum, Islam und anderen Religionen, ihren verschiedenen Ausprägungen, der so vielfältig gelebten Praxis, der ist nicht allein im globalen Süden, sondern auch in Deutschland ohnmächtig, wenn er religiös legitimierte Gewalt erkennen und verhindern will.“

Die Radikalisierung junger Menschen in Deutschland durch einen Salafismus, der den Islam und damit eine gesamte Religion und ihre Angehörigen in Geiselhaft nimmt, müsse als religiöses Phänomen verstanden werden, um es bekämpfen zu können, so Seibel: „Ansonsten ist dies Wasser auf die Mühlen sowohl der Salafisten, als auch rechtsextremer Kräfte, die mit Identitätspolitik und Ausgrenzung ihr politisches Geschäft machen. Wenn wir weiter mit einer im globalen Süden als westliche Arroganz wahrgenommenen Geringschätzung der Religion Politik machen, werden wir dort bald nicht mehr ernstgenommen. Mit gefährlichen Folgen.“ (DT/jra)

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