Mit seiner Rechtfertigung von Putins Krieg hat sich der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill im Konzert der Kirchen weltweit isoliert. Orthodoxe Kirchen, die dem Moskauer Patriarchat bisher eng verbunden waren, üben sich im Stillschweigen. Der Erste unter den Patriarchen, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios, sprach zuletzt gegenüber der „Tagespost“ in Istanbul Klartext: Kyrill spreche vom „heiligen Krieg“, so Bartholomaios. „Ich aber nenne ihn einen unheiligen Krieg und diabolisch.“ Wenn Kyrill die russischen Soldaten zu Märtyrern erkläre, widerspreche das der orthodoxen Lehre.
Treffen geplatzt
Auch der Vatikan, der stets den guten Draht nach Moskau gesucht und 2016 kurz auch gefunden hatte, will mit Kyrill derzeit lieber nichts zu tun haben. Ein geplantes Treffen in Jerusalem ließ Rom im Juni kurzfristig platzen. Es herrscht Eiszeit. In Moskau führt all das jedoch weder zu Besinnung und Gewissenserforschung noch zur Umkehr. Im Gegenteil: Kyrills Außenamtschef Antonij teilt kräftig gegen den Papst aus. Franziskus habe ein „wohlwollend“ geführtes Videogespräch mit Kyrill (am 16. März) „auf karikaturistische Weise nacherzählt“ und sich „vollkommen unzulässig“ ausgedrückt, rügt die Nummer Zwei des Moskauer Patriarchats den Papst. Auch habe der Vatikan nichts unternommen, um ein zweites Treffen von Papst und Patriarch sicherzustellen.
In der Kirche isoliert
Wie Putin in der Weltpolitik, so hat sich Kyrill mit seiner Kriegspropaganda in der weltweiten Kirche isoliert, ja in eine Art Paralleluniversum verabschiedet. Er weigert sich offenbar, zur Kenntnis zu nehmen, dass er als Putins Haus- und Hofideologe kein Gesprächspartner mehr ist – im Kreis der orthodoxen Kirchen wie in der Ökumene. Anders als Putins orthodoxe Staatskirche sind jetzt die katholischen Bischöfe Russlands über den Schatten ihrer Angst gesprungen und haben den Krieg klar und mutig verurteilt.
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