Ende vergangenen Jahres sorgte die katholische Potsdamer Pfarrei St. Peter und Paul mit der Wahl eines Mitglieds der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ in den Pfarrgemeinderat für Schlagzeilen. Nun hat Propst Arnd Franke den Berliner Erzbischof Heiner Koch offenbar um Auflösung des Pfarrgemeinderats gebeten. Wie die „Katholische Nachrichten-Agentur“ (KNA) berichtet, bestätigte das Erzbistum Berlin dies auf Anfrage. Franke sei die Entscheidung nicht leicht gefallen, heißt es im KNA-Bericht. Ausschlaggebend für die Bitte an Erzbischof Koch sei jedoch eine „zunehmend von Misstrauen und Konflikten geprägte Atmosphäre“ in seiner Gemeinde gewesen.
Größere Transparenz und Klarheit in der Wahlentscheidung
Bereits am Wochenende habe er die Gemeinde im Gottesdienst über seine Entscheidung informiert, so Propst Franke laut KNA weiter. Im Falle einer Neuwahl des Pfarrgemeinderats hoffe er, dass sich die Kandidaten umfassender vorstellen könnten. „Dies erlaubt eine größere Transparenz und Klarheit in der Wahlentscheidung zum Wohl der Pfarrgemeinde.“
Bereits Ende Dezember 2019, nachdem bekannt geworden war, dass ein neu gewähltes Mitglied des Pfarrgemeinderats als Schatzmeister des Brandenburger Landesverbands der „Jungen Alternative“ tätig war, äußerte Franke Zweifel, ob die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit noch gegeben sei. „So haben einzelne Kandidaten bei der Vorstellung in der Gemeinde nicht offengelegt, welche Ehrenämter sie außerdem innehaben beziehungsweise in welchem beruflichen Umfeld sie arbeiten“, hatte der Propst damals erklärt. Ende Januar entschied der Pfarrgemeinderat jedoch zunächst, dass das AfD-Mitglied im Pfarrgemeinderat bleiben dürfe. Daraufhin soll es zu Protesten im Gottesdienst gekommen sein.
AfD-Mitgliedschaft kein grundsätzliches Ausschlusskriterium
Stefan Förner, Sprecher des Berliner Erzbistums, erklärte nun auf Anfrage der KNA, dass sich Erzbischof Koch zunächst selbst ein umfassende Bild der Lage in der Potsdamer Pfarrei machen wolle, ehe er eine Entscheidung treffe. Dazu gehöre auch, mit dem Pfarrgemeinderat zu sprechen. Ein grundsätzliches Ausschlusskriterium aus Gremien in einer katholischen Gemeinde sei eine AfD-Mitgliedschaft aber nicht, so Förner. Die „Junge Alternative“ war vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet und im März 2019 als „Verdachtsfall“ eingestuft worden.
Bistumssprecher Förner machte darüber hinaus deutlich, „dass antisemitische, menschenverachtende und rechts- wie linksextreme Positionen, Haltungen und Äußerungen keinen Platz in einer katholischen Gemeinde“ hätten.
Insgesamt hat die Potsdamer Gemeinde 7.000 Mitglieder. Davon hatten sich 320 an der Pfarrgemeinderatswahl im November 2019 beteiligt. Auf die zwölf Sitze des Pfarrgemeinderats bewarben sich 14 Kandidaten. Hans-Cornelius Weber, Schatzmeister der Brandenburger AfD-Jugendorganisation, erhielt 86 Stimmen und landete auf dem zwölften Platz. Die Gemeindemitglieder behaupteten, nichts vom politischem Hintergrund des 32-Jährigen gewusst zu haben. Sie fürchteten eine gezielte Unterwanderung. Weber hingegen hatte betont, seine AfD-Mitgliedschaft nicht verschwiegen zu haben. Es sei öffentlich bekannt, dass er Schatzmeister des Landesverbands der „Jungen Alternative“ sei.
DT/mlu
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe