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Österreich: Rekordsieg für FPÖ

Die Alpenrepublik steht vor einer schwierigen Regierungsbildung, denn ohne die „Kickl-FPÖ“ braucht es ab sofort drei Parteien für eine stabile Mehrheit.
Österreich: Wahlsieger Herbert Kickl
Foto: IMAGO/Andreas Stroh (www.imago-images.de) | Hat gut Lachen: Herbert Kickl hat die FPÖ wenige Jahre nach dem peinlichen Ibiza-Skandal und dem kläglichen Ende der FPÖ-Regierungsbeteiligung unter Heinz-Christian Strache erstmals auf Platz Eins geführt.

Bis zuletzt glaubte die österreichische Kanzler-Partei ÖVP an ihre Aufholjagd und ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der oppositionellen FPÖ von Ex-Innenminister Herbert Kickl. Das Wahlergebnis spricht eine andere Sprache: Wenige Jahre nach dem peinlichen Ibiza-Skandal und dem kläglichen Ende der FPÖ-Regierungsbeteiligung unter Heinz-Christian Strache ist die FPÖ erstmals auf Platz Eins. Ein Phönix aus der Asche: Mit 29 Prozent holte sie ihr historisch bestes Ergebnis bei einer Nationalratswahl.

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Gewonnen hat die FPÖ mit radikaler „System“-Kritik: Kickl verhöhnte alle politischen Mitbewerber als „Systemparteien“, die reichweitenstarken Medien als „Systemmedien“ und präsentierte sich als Rundum-Alternative. Auftrieb gab ihm das umstrittene Corona-Krisenmanagement der schwarz-grünen Regierung, das trotz aller Entschuldigungen und demonstrativer Lernbereitschaft von Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer wahlentscheidend war.

Schwarz, Grün und Rot stürzen ab

Die ÖVP, die unter der Führung von Sebastian Kurz 2017 und 2019 triumphierte, stürzte am Sonntag rekordverdächtig ab. Das Krisenmanagement in der aktuellen Hochwasserkatastrophe konnte den Sinkflug der ÖVP nicht mehr verhindern. Wenig überraschend ist auch der Absturz der erstmals – und gewiss nicht immer glücklich – mitregierenden Grünen.

Noch peinlicher ist jedenfalls die Performance der SPÖ, die als große Oppositionspartei von der breiten Unzufriedenheit mit Schwarz-Grün so gar nicht profitieren konnte. Schlimmer noch: Seit 2017, also seit sie die harten Oppositionsbänke drückt, kommt Österreichs Sozialdemokratie aus den internen Querelen und Streitigkeiten nicht heraus. Der Wähler hat sie dafür mit dem historisch schlechtesten Ergebnis (21 Prozent) abgestraft und auf den dritten Platz verbannt.

Mühsamer Weg zu einer neuen Regierung

Die Regierungsbildung in Österreich dürfte nun langwierig und schwer werden: Nicht nur, weil Bundespräsident Alexander van der Bellen ein bekennender Gegner der FPÖ ist, der keinerlei Interesse daran hat, Herbert Kickl zur Kanzlerschaft zu verhelfen. Die ÖVP hat öffentlich geschworen, nicht mit einer „Kickl-FPÖ“ zu koalieren, und SPÖ-Chef Andreas Babler sieht seine Partei ohnehin als „Brandmauer“ gegen Rechts.

Die in Österreich bis 2017 (mit Unterbrechungen) geradezu traditionelle „Große Koalition“ aus ÖVP und SPÖ ist seit Sonntag nicht mehr groß genug und darum keine Option mehr. Als Zweitplatzierter muss Kanzler Nehammer nun also wählen: entweder bricht er eines seiner Wahlversprechen und macht Herbert Kickl letztlich doch zum Bundeskanzler, indem er eine FPÖ/ÖVP-Regierung absegnet; oder er zimmert mit dem marxistisch angehauchten SPÖ-Chef Babler und den liberalen NEOS eine fragile und weltanschaulich extrem heterogene Dreierkoalition.

Wie geht es mit der Regierungsbildung in Österreich weiter? Lesen Sie weitere Hintergründe in der nächsten Ausgabe der "Tagespost".

Themen & Autoren
Stephan Baier Freiheitliche Partei Österreichs Heinz-Christian Strache Herbert Kickl SPÖ Sebastian Kurz Österreichische Volkspartei

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