Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Wien

Österreich bekommt Schwarz-Grün

Am Donnerstag wollen Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) den Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen verkünden.
Sebastian Kurz und Werner Kogler.
Foto: Helmut Fohringer (APA) | In Österreich steuern Sebastian Kurz (ÖVP) und Grünen-Chef Werner Kogler (r) auf ein schwarz-grünes Regierungsbündnis zu.

In Österreich gehen die Koalitionsverhandlungen zwischen der ÖVP von Sebastian Kurz und den Grünen in die Zielgerade. Bereits am Donnerstag wollen die beiden Parteichefs vor die Medien treten und Grundzüge des Regierungsprogramms sowie die Ministerliste bekanntgeben. Für die österreichischen Grünen wäre es eine Premiere: Sie waren in den 33 Jahren seit ihrem ersten Einzug ins Parlament auf Bundesebene stets in der Opposition. 2017 fielen sie (mit 3,8 Prozent) sogar aus dem Nationalrat; im September 2019 schafften sie mit 13,9 Prozent ein sensationelles Comeback.

In der künftigen österreichischen Bundesregierung sind sie gleichwohl der Juniorpartner der ÖVP, die mit 37,5 Prozent die klare Nummer eins ist – im Parlament wie in der Regierung. Die ÖVP dürfte deshalb neben dem Bundeskanzler auch die Minister für Finanzen, Inneres, Landesverteidigung, Wirtschaft, Außenpolitik, Landwirtschaft und Bildung stellen. Die Grünen bekommen voraussichtlich neben dem Vizekanzler-Posten (zuständig auch für öffentlichen Dienst und Sport) ein erweitertes Ministerium für Infrastruktur, Umwelt und Verkehr sowie die Ministerien für Kunst und Kultur, Soziales und Justiz.

Keine Abtreibung auf Krankenschein 

Inhaltlich liegen die beiden Parteien weit auseinander: Vom Tisch sein dürfte nach Informationen der „Tagespost“ die grüne Forderung nach Abtreibungen auf Krankenschein. Mit dem Justiz- und dem Sozialministerium könnten die ideologisch weit links verorteten Grünen aber durchaus gesellschaftspolitische Akzente setzen.

Lesen Sie auch:

Aus der FPÖ, die von 2017 bis 2019 der Koalitionspartner für Sebastian Kurz war, kommen deshalb betont kritische Kommentare: Die ÖVP liefere eine „Linksregierung“, meinte FPÖ-Chef Norbert Hofer, der in der Regierung Kurz I Verkehrs- und Infrastrukturminister war. FPÖ-Fraktionschef Herbert Kickl, der bis Mai Innenminister war, meinte, der ÖVP-Chef breche alle Wahlversprechen und verrate die Grundsätze einer Mitte-Rechts-Politik. „Kurz ist in der rot-grün-pinken Einheitspartei der Zuwanderungsbefürworter, Globalisten, Verbieter und Verteurer angekommen“, so Kickl. Die FPÖ war nach dem Ibiza-Skandal bei der jüngsten Nationalratswahl um fast zehn Prozent auf 16,2 Prozent abgestürzt.

Grünen-Chef Werner Kogler wird das Ergebnis der Regierungsverhandlungen am kommenden Samstag dem Bundeskongress seiner Partei in Salzburg präsentieren. Sollte er dort eine breite Zustimmung ernten, womit alle Beobachter rechnen, könnte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die schwarz-grüne Bundesregierung bereits am 7. Januar angeloben (vereidigen). Van der Bellen war selbst einst Bundesparteichef der Grünen und führte 2002 Koalitionsverhandlungen mit dem damaligen ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel. Diese scheiterten allerdings. Schüssel koalierte damals neuerlich mit der FPÖ.

DT/sba

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe

Themen & Autoren
Redaktion Alexander Van der Bellen Freiheitliche Partei Österreichs Herbert Kickl Ministerien Norbert Hofer Sebastian Kurz Werner Kogler Wolfgang Schüssel Österreichische Volkspartei

Weitere Artikel

Die FPÖ wettert gegen Ukraine, NATO und die Aufrüstung Österreichs. Und sie deutet eine Verordnung aus Sowjet-Zeiten falsch.
25.11.2023, 13 Uhr
Stephan Baier
Dubiose Wirtshausgespräche, Rücktrittsforderungen, Untersuchungsausschüsse: Österreich steht ein übler Wahlkampf bevor.
03.12.2023, 17 Uhr
Stephan Baier

Kirche

Die deutschen Bischöfe werden beim Synodalen Ausschuss wohl keine kirchenrechtskonforme Lösung finden. Das Mehrheitsprinzip eröffnet einen rechtsfreien Raum.
25.04.2024, 11 Uhr
Regina Einig