Am 18. Dezember will das Europäische Parlament das Anliegen der Europäischen Bürgerinitiative „My Voice, My Choice“, vorgeburtliche Kindstötungen durch supranationale Institutionen zu fördern, debattieren.
Gegen eine solche Debatte lässt sich formal nur wenig einwenden. Zwar fällt die rechtliche Regelung von Abtreibungen gemäß den EU-Verträgen in die alleinige Kompetenz der EU-Mitgliedstaaten. Doch hat die Abtreibungslobby, die hinter „My Voice, My Choice“ steht, das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative geschickt für sich zu nutzen verstanden. Kommission und Parlament verletzten also (ein weiteres Mal) ihre eigenen Regeln, wenn sie das Anliegen einfach ignorierten.
„Inhärente Würde“: Ein Schlüsselbegriff und seine fehlerhafte deutsche Übersetzung
Gleichwohl zeigt die bevorstehende Debatte exemplarisch, wie schlecht es um die Wahrung der Menschenrechte in Europa inzwischen bestellt ist. Am heutigen Internationalen Tag der Menschenrechte, an dem Menschen überall auf der Welt der feierlichen Verkündigung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (AEMR) vor 77 Jahren in Paris gedenken, gilt es daher, sich erneut vor Augen zu führen, welche Schlussfolgerungen die Weltgemeinschaft aus der humanitären Katastrophe zweier Weltkriege zog.
So heißt es in der Präambel der AEMR völlig unmissverständlich: „Die Anerkennung der inhärenten Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Menschheitsfamilie ist die Grundlage für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.“ Schon die offizielle deutsche Übersetzung ist zumindest irreführend, übersetzt sie doch „Whereas recognition of the inherent dignity (…)“ statt mit „Die Anerkennung der innewohnenden Würde (…)“ mit „Die Anerkennung der angeborenen Würde (…)“. Würde aber hat der Mensch nicht, wenn und sofern er den Geburtskanal erfolgreich passiert, sondern weil er Mensch ist. Das einzige mit Vernunft begabte Wesen auf Erden, das fähig ist, sich selbst Zwecke zu setzen.
Menschenrechte sind vorstaatliche Rechte
Mehr noch: Weil Menschenrechte aus der Menschenwürde resultieren, können sie von Staaten auch nicht vergeben, sondern lediglich anerkannt werden. Wer sie missachtet, missachtet daher auch nicht „bloß“ einzelne Menschen, sondern die gesamte Menschheitsfamilie.
Menschenrechte gelten für alle, immer und überall. Letztlich sind die Menschenrechte erkannte Wahrheiten, die aus der Reflexion über die Natur des Menschen gewonnen wurden. Daher können Menschenrechte zwar übergangen, ignoriert oder auch buchstäblich mit Füßen getreten werden. Aber als vorstaatliche Rechte können sie weder „gewährt“ noch „abgeschafft“ werden.
Als erkannte Wahrheiten haben Menschenrechte Ewigkeitscharakter
Menschenrechte sind ihrer Natur nach „universell“, „unteilbar“, „unveräußerlich“. Sie haben – jedenfalls so lange es Menschen gibt – Ewigkeitscharakter. Es ist deshalb geradezu tragisch, dass sie in den aktuellen Menschenrechtsdiskursen zunehmend zum Spielball von Lobbyisten und Interessengruppen geworden sind, die sie nach eigenem Gutdünken umdeuten, zurechtschustern und mit ihrem Stempel versehen wollen.
Das Europäische Parlament ist gut beraten, solchen Versuchen kommende Woche einen Riegel vorzuschieben. Denn wer mit den Menschenrechten, zu denen notwendigerweise auch das Recht auf Leben zählt (nur wer lebt, kann überhaupt Recht haben), Schindluder treibt, versündigt sich an der gesamten Menschheit. Unabhängig davon, ob man an einen Gott glaubt, vor dem man sich für seine Taten einmal verantworten wird müssen; es ist jedenfalls so dumm wie hochmütig, zu glauben, dass dabei etwas herauskommen könnte, das der Menschheit zuträglich wäre.
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