Besteht die Gefahr, dass sich die CDU zu konservativ aufstellt und darüber das „C“ aus dem Blick gerät? In etwa diese Position scheint in der innerchristdemokratischen Markenkerndebatte der langjährige Unionsfraktionschef Volker Kauder zu vertreten. Der „Stuttgarter Zeitung“ sagte der ehemalige Merkel-Vertraute, der innerparteilich auch als profilierter christlicher Kopf gilt, in einem am heutigen Mittwoch veröffentlichten Interview, die CDU sei „nie eine konservative Partei“ gewesen.
Stattdessen habe sie sich „bewusst überkonfessionell unter dem Dach des ‚C‘ versammelt und konservative, liberale und soziale Strömungen vereint.“ Zu fordern, dass die CDU konservativer werden solle, erfülle diesen Anspruch nicht, zumal „konservativ“ kein fest umrissener Inhalt, sondern eine Haltung sei. Aktuell komme „dieses konservative Profil stärker zum Ausdruck als das christliche Menschenbild“.
Er hingegen rate dringend, den Satz „Die CDU muss konservativer werden“ nicht mehr zu verwenden. Denn die einen verstünden darunter „eine knallharte Haltung bei Migration oder der Abtreibungsfrage“, andere den Ausbau der erneuerbaren Energie. In der praktischen Politik sei damit also nichts anzufangen.
„Anders reden als die AfD“
Anders verhalte es sich mit dem christlichen Menschenbild. Zwar gebe es keine christliche Politik, und die CDU sei „nie eine christliche Partei“ gewesen. Aber sie habe einen klaren Wertekompass – „und das ist das christliche Menschenbild“, also die Vorstellung vom Ebenbild Gottes in allen Menschen. Im Gegensatz zu „konservativ“ lasse sich diese Vorstellung „ganz konkret“ machen: „Wenn CDU-Politiker über Flüchtlinge und Migration sprechen, muss ganz deutlich werden, dass sie anders reden als die AfD. Das christliche Menschenbild verbietet jeden rassistischen und völkischen Unterton.“
In der – auch dank des 10-jährigen Jahrestages des „Wir-schaffen-das-Diktums“ – aktuell wieder intensiv diskutierten Migrationspolitik heiße das, man könne nicht jeden Hilfesuchenden nach Deutschland holen. „Aber derjenige, der verfolgt wird, der in Not ist, etwa weil er sich weigert, in die syrische Armee einzutreten und deshalb fliehen muss – der hat Anspruch auf Hilfe in unserem Land. Und damit ist das Land auch nicht überfordert.“ Im Übrigen rate er dazu, die existenziellen Themen in den Mittelpunkt zu stellen: „Die wirtschaftliche Zukunft ist den Menschen wichtiger als die Asyl- und Migrationspolitik“, und: „Wie es mit ihrem Arbeitsplatz weitergeht, interessiert die Menschen viel mehr als das Gendern.“ (DT/jra)
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