In der Politik geht es neben dem Was auch immer um das Wie. Zumindest auf das Was, als auf das Hauptthema, hat man sich in der Union inzwischen geeignet: die Migrationsfrage. Das war, so sehr es eigentlich auf der Hand liegt, gar nicht so selbstverständlich. Schließlich gibt es immer noch merkelianische Reflexe in der Partei, die diesen ganzen Komplex lieber abwehren würden.
Kein Konsens besteht aber unter dem schwarzen Spitzenpersonal darüber, wie man dieses Thema zur Sprache bringen soll. Da ist einmal NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Er fordert eine „Allianz der Mitte“ bei der Lösung des Migrationsproblems und sucht die Zusammenarbeit mit der Ampel. Wenngleich er diese Bitte um Kooperation etwas harscher formuliert und als Appell an die Bundesregierung zur staatsbürgerlichen Vernunft präsentiert.
Spahn: Illegale Migration droht, die demokratische Mitte in Deutschland zu beenden
Darauf reagierte sofort Jens Spahn. Der ehemalige Gesundheitsminister stammt aus demselben Landesverband, ja sogar demselben Bezirksverband wie Wüst, beide sind etwa gleich alt. Trotzdem sind sich Wüst und Spahn in ihrer politischen Karriere nie in die Quere gekommen, man teilte sich die Macht auf. Das Kanzleramt ist aber nicht teilbar. Spahn twitterte nun: „Hendrik Wüst hat Recht: Entweder beendet die demokratische Mitte die illegale Migration nach Deutschland – oder illegale Migration beendet die demokratische Mitte in Deutschland.“ Das klingt nach Zustimmung, aber es kommt eben auf das Wie an. Spahns Tonalität ist eine Spur schärfer und pointierter als bei Schwiegermutter-Liebling Wüst. Da beginnt ein Kräftemessen zwischen den beiden schwarzen Westfalen.
Und dann ist da noch das Duo Merz/ Linnemann. Der Chef und sein Generalsekretär konnten nun das endgültige Grundsatzprogramm präsentieren. Die klare Stoßrichtung gegen die Ampel hat sich bisher bewährt. Ganz gute Umfragewerte, wenn auch langsam bröckelnd, scheinen ihren Kurs zu bestätigen. Dabei senden sie klare Abgrenzungssignale an die AfD. Aber manchen, sozusagen den merkelistischen Restbeständen in der Partei, ist das immer noch zu martialisch. Hier sucht vermutlich Wüst Anschluss, wenn auch nur zaghaft.
Niemand der potentiellen Kandidaten will dabei aber zu sehr mit den Hosenträgern knallen. Denn das kommt beim bürgerlichen Publikum nicht an. Andererseits gilt aber auch: Nur wer spricht, kriegt Licht. Es könnte noch turbulent werden.
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