Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Wahlen

An Rhein und Ruhr wird gewählt

Die NRW-Kommunalwahl ist ein Stimmmungstest, der bundesweit beachtet wird. Einige Hotspots aus dem Kommunalwahlkampf.
Kommunalwahl NRW
Foto: Imago/ Bihlmayerfotografie | In Nordrhein-Westfalen wird gewählt. Die CDU gilt im ländlichen Münsterland als fest verankert. Doch in Großstädten wie Bonn steht sie vor Herausforderungen.

Ländlich, katholisch, erfolgreich: Der Kreis Borken im Münsterland zählt vor den anstehenden Kommunalwahlen am 14. September noch immer zu den Vorzeigeregionen der CDU. In den Kommunen ist die Partei gut verwurzelt mit entsprechender Abstrahlung auf Land und Bund. Ministerpräsident Hendrik Wüst, gebürtig aus Rhede, holte hier sein Direktmandat.  Aus Ahaus im gleichen Kreis stammt auch der zuletzt so glücklose Fraktionschef im Bundestag Jens Spahn

Lesen Sie auch:

Gerade sorgt zudem die junge Borkener Bundestagsabgeordnete Anne König, bildungs- und familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, für einen Aufreger hinein ins linke Spektrum. Sie trat mit dem deutlichen Statement an die Öffentlichkeit, dass Abtreibung keine Kassenleistung werden darf (diese Zeitung berichtete bereits ausführlich). 

Mit Gelassenheit

Den anstehenden Kommunalwahlen sieht die Union zumindest in den ländlichen Regionen des Münsterlands mit Gelassenheit entgegen. Aber dass hier auch ein Besenstiel gewänne, wenn man ihn denn aufstellte, wie ein altes Adenauer-Bonmot lautete, das ist Vergangenheit. Beispiel die kleine Gemeinde Heiden im Kreis Borken: Hier regiert als Bürgermeister seit 2020 Patrick Voßkamp (48). Der promovierte Germanist von der Uni Duisburg-Essen konnte erst nach hartem Wahlkampf die Nachfolge des bisherigen SPD-Bürgermeister Hans-Jürgen Benson antreten, der als Sozialdemokrat mit bodenständigem Auftreten und guter Vernetzung das Rathaus erobert hatte.

Der von der SPD aufgestellte, parteilose Nachfolgekandidat, ein Versicherungsmakler, konnte den Erfolg nicht wiederholen und verlor knapp mit nur 47 Stimmen weniger gegen Voßkamp. Die Ruhrgebietsrandlage, der fortschreitende Strukturwandel und ein Verlust an Bindungskraft von Religion und Tradition erschweren anhaltende, christdemokratische Erfolge. Der Katholik Voßkamp, verheiratet und zweifacher Familienvater, setzt auf Bodenständigkeit und die Präsenz bei örtlichen Vereinen, von denen es in Heiden über 70 gibt, vom Chor bis zu den Schützen.

Schon Voßkamps Urgroßvater war Bürgermeister und außerdem Leiter der Genossenschaftsbank am Ort. Er führte die Geschicke Heidens in der schwierigen Zeit von Krieg und Wiederaufbau, während die Uroma erfolgreich das örtliche Textilgeschäft betrieb. Großvater des heutigen Bürgermeisters war Bert Sniers, in Chroniken und einschlägigen Foren zur Geschichte des 2. Weltkriegs als Ritterkreuzträger und Leutnant der Fallschirmjägertruppe präsent. In Heiden brachte er es zum angesehenen Rektor der Volksschule und etablierte die Jugendzeltlager der Gemeinde auf der holländischen Insel Ameland. Für die kommende Bürgermeisterwahl braucht sich Enkel Patrick Voßkamp keine Sorgen zu machen: Er ist der einzige Kandidat. Mit der geschilderten Verwurzelung in der Heimat, anerkanntem Fleiß, vorzeigbaren Erfolgen bei der Infrastruktur von Wohnen bis Einkaufen und mit seiner rhetorischen Begabung ist es ihm gelungen, die Heidener Bürger über Parteigrenzen hinweg hinter sich zu scharen. 

Erfolgsgeschichte wird konterkariert

Diese mutmachende Erfolgsgeschichte wird konterkariert von der Situation in vielen Großstädten. Ein Beispiel ist die alte Bundeshauptstadt Bonn. Hier holte die längst totgesagte Linkspartei bei der Bundestagswahl 12,7%. Jetzt steht bei der Kommunalwahl am 14. September ein weiterer, großer Erfolg an. Es könnte sein, dass die grüne Oberbürgermeisterin Katja Dörner, so sie sich im Amt hält, noch mehr auf die Linkspartei angewiesen ist als ohnehin schon. Linke-Fraktionsvorsitzender ist Rechtsanwalt Dr. Michael Faber, verheirateter Familienvater mit zwei Töchtern. Er weiß, dass weibliche Jungwähler beste Erfolgschancen bieten. Um wahlberechtigte 16-jährige Mädchen zu überzeugen, setzt er nicht auf Ideologie, sondern auf Mitgefühl, und zwar mit Tieren.

Zwischen Hobby Horsing und Online Dating, so zeigen Zahlen der Jugendforschung, lassen sich junge Mädchen gern für den Tierschutz mobilisieren. Deshalb fordert die LINKE den Ausbau des Bonner Tierheims und hat ihr Herz für die Biberratte entdeckt. Im Wahlprogramm überrascht sie mit der Forderung, den Abschuss der invasiven, gefräßigen Nutria-Species zu stoppen, die eine große Bedrohung der empfindlichen Natur in den Rheinauen darstellt. In Lebendfallen will man die 9-10 Kilo schweren Tiere fangen, um sie dann zu sterilisieren und wieder auszusetzen.

Experten sind skeptisch: auch streunende Hunde und Katzen wären dann betroffen, der zusätzliche Aufwand enorm. Der Kampf für die Nutrias vereint LINKE, die kleine Tierschutzpartei und DIE PARTEI, letztere eine schräge Ansammlung anarchischer Politikverweigerer. In der Heimat der Linkspartei käme das Nutria-Abschussverbot schlecht an. Denn in vielen ostdeutschen Kochbüchern wird schmackhaftes Nutriafleisch als Delikatesse geführt und findet sich bis heute auf Wochenmärkten und bei örtlichen Metzgern in Leipzig oder Brandenburg.

Bonner CDU weniger angriffslustig

Die Bonner CDU wirkt im Vergleich zu den offensiven Linken nur wenig angriffslustig. Ihr Spitzenkandidat Guido Déus setzt auf Kinospots, die mit einer Parodie der Ralf-Schumacher-Werbung für ein Gebrauchtwagen-Portal spielt. Hinter Déus organisiert sein Freund und Geschäftspartner Stefan Oebel den Wahlkampf mit kostenintensiven Maßnahmen. Oebel betreibt als Gastronom unter anderem das Bonner Traditionslokal „Treppchen“ und wird in Datenbanken von Bonitätsagenturen als Geschäftsführer einer „PDMM Holding GmbH“ geführt, die Chauffeurdienste und nicht spezifizierte Mobilitätslösungen anbietet. Bei Anfragen dieser Zeitung waren die angegebenen Telefonanschlüsse nicht besetzt. Auch wenn Oebel erfolgreich scheint bei der Geldbeschaffung für die Wahlwerbung, seine Kompetenz für eine erfolgversprechende, strategische Positionierung der CDU im Wahlkampf ist zumindest unklar.

Lesen Sie auch:

Im Bonner Problembezirk Bad Godesberg, früher die gute Stube der Stadt, kandidiert als Bezirks-Spitzenkandidatin für die CDU Feyza Yildiz. Die 37-jährige wirkt im Gespräch sympathisch und aufgeschlossen. Aber kann sie zur Integration von muslimischem Migranten, zur Ansprache junger Wählerinnen und zur Mobilisierung der christlich-konservativen Klientel frische Impulse setzen? Die Aussichten der Bonner CDU für die kommende Kommunalwahl, sie scheinen ungewiss.

Katholischen Journalismus stärken

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Stärken Sie katholischen Journalismus!

Unterstützen Sie die Tagespost Stiftung mit Ihrer Spende.
Spenden Sie direkt. Einfach den Spendenbutton anklicken und Ihre Spendenoption auswählen:

Die Tagespost Stiftung-  Spenden

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Henry C. Brinker CDU CDU/CSU-Bundestagsfraktion Deutscher Bundestag Jens Spahn Katholikinnen und Katholiken SPD

Weitere Artikel

Das Scheitern von Friedrich Merz im ersten Wahlgang war kein Betriebsunfall. Doch die Union geht nur auf die Linkspartei zu, gegenüber der AfD steht weiter die Brandmauer. Das hat Folgen.
07.05.2025, 15 Uhr
Sebastian Sasse
Hendrik Wüst, der NRW-Ministerpräsident, sieht sich als „Herr der Mitte“. Wer aber nur nach links blinkt, integriert auch nur in eine Richtung.
17.09.2025, 18 Uhr
Sebastian Sasse

Kirche

In Rom hatte Arnold Schwarzenegger seinen großen Auftritt und trifft heute mit Leo XIV. zusammen. Anlass ist eine Klima-Konferenz im Geist von Papst Franziskus.
01.10.2025, 09 Uhr
Guido Horst