Die eskalierenden Kämpfe im Süden des Libanon führen schon jetzt zu einer großen Krise der christlichen Einwohner. Davor warnen die Menschenrechtsorganisation „Christian Solidarity International“ (CSI) und die internationale humanitäre Hilfsorganisation Malteser International (MI).
Laut einem Pressebericht des deutschen Ablegers von CSI leben aktuell schon 70.000 Libanesen in 537 Notunterkünften, die zum Teil in kirchlichen Schulen eingerichtet sind. Weitere Binnenvertriebene würden in Parks, Ställen oder unter Straßenunterführungen schlafen. Knapp 100.000 Menschen hätte die Flucht aus dem Libanon nach Syrien ergriffen. „Die Menschen sind verzweifelt, ob der unbeschreiblichen Brutalität des gigantischen Krieges", heißt es in einer Mitteilung von CSI.
Ein weiteres Land des Nahen Ostens steht vor einer Entchristlichung
Während der UN-Generalsekretär António Guterres von einem eskalierenden „Flächenbrand im gesamten Nahen Osten“ warne, „brennt der Libanon bereits vor den Augen der gesamten Welt“, so CSI weiter. Dies habe vor Ort besonders Auswirkungen auf Christen, denn der Libanon habe mit etwa 30 Prozent den größten christlichen Bevölkerungsanteil im Nahen Osten. Auch sie fürchteten, ihr Land verlassen oder fliehen zu müssen. Dies führe „schon jetzt“ zu „einer humanitären Katastrophe“.
Allein in der Ortschaft Ain Ebel im Süden des Libanons harre nach Angaben von CSI eine Ordensschwester gemeinsam mit 400 christlichen Familien aus. Wenn sie jetzt fliehen müssten, drohe ihnen, „ihre Heimat für immer zu verlieren“. Ihnen fehle es besonders an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Treibstoff, um Stromgeneratoren zu betreiben und Verletzte in die Krankenhäuser zu transportieren. Laut CSI-Deutschland könne der erneute Krieg „zu einer weiteren Fluchtbewegung nach Europa führen und ein weiteres Land des Nahen Ostens entchristlichen.“
Größte Zahl an intern Vertriebenen in der Geschichte des Landes
Derweil berichtet auch die Hilfsorganisation der Malteser von „vielen Hunderten Toten im Libanon“, darunter auch Zivilisten und Kinder. Ihr Blick richtet sich auf die südlichen Vororte von Beirut: „Viele Menschen sind Hals über Kopf aufgebrochen und haben nur das Nötigste mitnehmen können“, berichtet Lisa Kramer, Länderkoordinatorin im Libanon, die bis vor einigen Tagen noch vor Ort war.
Die libanesische Regierung spreche Kramer zufolge „von der größten Zahl an intern Vertriebenen in der Geschichte des Landes in so kurzer Zeit.“ Die prekäre humanitäre Lage, der Mangel an Wasser, Lebensmitteln und Hygiene führe zu Menschenschlangen vor den Gesundheitszentren, die die Malteser im ganzen Land betreiben. Gleichzeitig bereite sich „Malteser International“ auf zunehmend wachsende Flüchtlingsbewegungen in der Region vor. DT/jmo
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