Für die starke Reduktion der deutschen Waffenlieferungen an Israel im letzten halben Jahr sind nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung die Grünen verantwortlich: Außenministerin Annalena Baerbock, aber auch Wirtschaftsminister Robert Habeck hätten die Erteilung weiterer Exportgenehmigungen seit März blockiert. Dies berichtete die „Bild“ gestern unter Berufung auf „Regierungs- und Verteidigungskreise aller Ampelparteien“. Dagegen habe das Wirtschaftsministerium noch im September behauptet, es gebe keinen Rüstungsexportboykott nach Israel. Jeder Antrag werde geprüft und im Einzelfall bewertet.
Die ausbleibende Unterstützung war bei der Gedenkdebatte zum Hamas-Angriff vor einem Jahr im Bundestag von CDU-Chef Friedrich Merz kritisiert worden. Er hatte der Bundesregierung vorgeworfen, „seit Wochen und Monaten“ Exportgenehmigungen für Munition und Panzer-Ersatzteile zu verweigern. Bundeskanzler Scholz hatte darauf gekontert, eine Entscheidung, keine Waffen zu liefern, gebe es nicht. Man habe geliefert und werde liefern. Auch israelische Regierungsvertreter hatten Kritik an der Politik der Bundesregierung geäußert. Gegenüber dieser Zeitung hatte der Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar das „stille Waffenembargo“ Deutschlands als „schockierend“ bezeichnet. Dieses Verhalten werde „einen dunklen Fleck auf dem deutschen Gewissen hinterlassen“.
Was „uneingeschränkte Solidarität“ bedeutet
Wie die „Bild“ nun erfahren haben will, hätten Habeck und Baerbock alle Genehmigungen blockiert, solange die israelische Regierung der deutschen Regierung nicht schriftlich versichere, die Rüstungsexporte nicht für einen „Völkermord“ einzusetzen. Die israelische Regierung habe diese Zusage vor „wenigen Tagen“ getätigt – die Scholz’sche Ankündigung weiterer Lieferungen dürfte damit im Zusammenhang stehen.
Brisant ist an der Forderung nicht nur, dass Deutschland damit Israel, dessen Sicherheit immer wieder von deutscher Regierungsseite als „Staatsräson“ bezeichnet wurde, indirekt attestiert, zu einem Völkermord fähig zu sein. Gerade der grüne Minister Robert Habeck hatte sich nach dem Hamas-Angriff am stärksten außenpolitisch exponiert. In einer im Internet verbreiteten Videobotschaft seines Ministeriums verkündete Habeck vor einer israelischen und deutschen Flagge, Israel habe „unsere uneingeschränkte Solidarität“.
Sind die Bild-Informationen korrekt, dann hat in Habeck ausgerechnet der Politiker, der als einziger Spitzenpolitiker nach dem Angriff diese spezielle Formulierung benutzte, für eine Einschränkung der Solidarität gesorgt. Habecks Formulierung hatte damals auch deshalb international und national für viel Aufmerksamkeit gesorgt, weil er damit Gerhard Schröders Zusicherung an die Vereinigten Staaten von Amerika zitiert hatte. Dessen „uneingeschränkte Solidarität“ mit den von den Anschlägen des 11. September 2001 getroffenen USA hatte in der Folge zu einer Beteiligung Deutschlands am Krieg in Afghanistan geführt. DT/jra
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