Die von der SPD für einen Posten am Bundesverfassungsgericht nominierte Potsdamer Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf und der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl haben sich in einem Telefonat ausgesprochen. Das Erzbistum teilte am Donnerstag über seinen „Instagram“-Kanal mit, das Gespräch sei „von gegenseitigem Respekt geprägt“ gewesen.
Hinsichtlich einer konkreten Bemerkung ruderte Gössl nach dem Telefonat zurück: Der Erzbischof hatte in seiner Predigt am Sonntag gesagt, dass Brosius-Gersdorf „angeblich das Lebensrecht ungeborener Menschen bestreitet“. Hierzu teilte das Erzbistum nun mit: „Der Erzbischof war insofern falsch informiert, was er nachdrücklich bedauert.“ Brosius-Gersdorf wiederum habe klargestellt, „dass sie sich immer schon für den Schutz des ungeborenen Lebens einsetzte und das auch heute tut“.
Gössl: Gibt keinen abgestuften Lebensschutz
Gleichzeitig betonte das Bamberger Erzbistum in der kurzen Erklärung, dass Gössl auch nach dem Gespräch an seiner Überzeugung festhalte, „dass es keinen abgestuften Lebensschutz gibt“. Anlass der breiten Kritik an Brosius-Gersdorf in den vergangenen Wochen war unter anderem eine Passage in einer Festschrift, in der die Juristin schreibt: „Die Annahme, dass die Menschenwürde überall gelte, wo menschliches Leben existiert, ist ein biologistisch-naturalistischer Fehlschluss.“
Gössl hatte in einer Predigt am vergangenen Sonntag erklärt, er wolle sich nicht vorstellen, „in welchen Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung wir gleiten, wenn die Verantwortung vor Gott immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen“ verschwinde. Dann hätten „die Schwächeren keine Stimme mehr: nicht die Ungeborenen und die pflegebedürftigen Alten; nicht die psychisch Kranken und auch nicht die sozial Schwachen, nicht die Menschen, die sich aufgrund von Krieg und Verfolgung auf die Flucht begeben und auch nicht die Natur, die gewissenlos ausgebeutet und zerstört wird“. DT/mlu
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