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Gesellschaftspolitik: Missliebige Stimmen werden ausgeblendet

Ob Gebet vor Abtreibungskliniken oder Kritik am „Aktionsplan Queer“: Der Politik scheint es nicht recht zu sein, wenn Bürger ihre Souveränität in Anspruch nehmen, schreibt Cornelia Kaminski in einem Gastbeitrag
Aktivistin demonstrieren im Juni 2023 für einen queeren Aktionsplan
Foto: IMAGO/Sachelle Babbar (www.imago-images.de) | Als letzte war die bayerische Bundesregierung zu dem Schluss gekommen, ein „Aktionsplan Queer“ sei notwendig, um den Bedürfnissen der LGBTIQ+ Community gerecht zu werden. Die Kritik daran war deutlich.

Aschermittwoch ist nicht nur der Tag, an dem die Fastenzeit beginnt. Es ist auch einer der zwei Tage im Jahr, an denen „40DaysforLife“, die Gebetsinitiative amerikanischen Ursprungs, eine der zwei jährlichen Kampagnen startet. Die von Sean Carney 2007 gegründete Initiative gibt es mittlerweile auf dem gesamten Globus – auch in Deutschland.

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Ziel ist es, durch eine 40-tägige, ununterbrochene Gebetsvigil in der Nähe einer Abtreibungseinrichtung die Herzen der Menschen zu erreichen. Laut Sean Carney ist das hoch erfolgreich. Allein seit das Urteil „Roe v. Wade“ vor anderthalb Jahren gekippt wurde, haben in den USA mehr als 30 Abtreibungseinrichtungen, vor denen Beter von „40DaysForLife“ standen, ihre Türen für immer geschlossen. 

Sie fürchten die Macht des Gebets

Diese Macht des Gebets scheinen diejenigen, für die Abtreibungen ein Geschäftsmodell sind, so sehr zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Darum soll es verboten werden – der entsprechende Gesetzentwurf von Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) wurde vergangenen Freitag in den Bundestag eingebracht. Dass er ein Aussetzen der Grundrechte auf Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Versammlungsfreiheit bedeutet für eine Menschengruppe mit einer dezidiert anderen Haltung zur Abtreibung als die Ministerin verleiht dem Gesetzgebungsverfahren ein Geschmäckle. Es passt so gar nicht zu einer Partei, die mit dem Spruch „Unser Land kann viel, wenn man es lässt“ in den Wahlkampf gezogen ist, und die nun alles daransetzt, diejenigen nicht zu lassen, die anderer Meinung sind.

Dabei müsste doch gerade in dem Jahr, in dem das Grundgesetz 75 Jahre alt wird, eine Rückbesinnung auf die Bedeutung der Grundrechte und die Grundlagen der Demokratie Triebfeder politischen Handelns sein. 

Das dachte sich wohl auch die bayerische Landesregierung, die nun als letzte im Reigen der Bundesländer zu dem Schluss gekommen ist, ein „Aktionsplan Queer“ sei notwendig, um den Bedürfnissen der LGBTIQ+ Community gerecht zu werden. Ziel dieses Plans solle es sein, „selbstbestimmt, gleichberechtigt, diskriminierungs- und gewaltfrei“ in Bayern leben zu können, so Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) bei der Vorstellung des Vorhabens im vergangenen Sommer. Das Miteinander und der Zusammenhalt müssten gestärkt werden.

Basisdemokratie unerwünscht

Kritik folgte auf dem Fuß – seitens der Grünen und des Lesben- und Schwulenverbandes, der das Vorgehen der Landesregierung als intransparent bezeichnete und eine Einbindung der Community in den Planungsprozess forderte. 

Dieser Forderung nach Einbindung der Community hat das Sozialministerium nun entsprochen und vergangene Woche eine Beteiligungsplattform live geschaltet, die Vorschläge zum Aktionsplan erbittet. Ganz basisdemokratisch eben.  

Allerdings ist zu vermuten, dass die Basis nicht so funktioniert hat, wie die Sachbearbeiter im Ministerium es erwartet hatten. Nach Freischalten der Plattform gingen zahlreiche Vorschläge ein. Innerhalb kürzester Zeit wurden die geposteten Vorschläge – so weit überschaubar, allesamt kritisch gegenüber dem Aktionsplan - hektisch gelöscht. Nur zehn sind aktuell noch zu lesen, keiner von ihnen begrüßt einen „Aktionsplan Queer“.

Bayern braucht diesen Aktionsplan nicht

Ihre Botschaft ist vielmehr: Bayern braucht diesen Aktionsplan nicht, wohl aber einen umfassenden Schutz der Kinder vor Missbrauch und Indoktrination. Neue Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht. 

Missliebige Meinungsäußerung per Gebet hier, per Kommentar dort – so recht scheint es den gewählten Volksvertreten nicht zu sein, wenn eben dieses Volk seine Souveränität in Anspruch nimmt. „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt,“ würde Bert Brecht wohl sagen. „Wäre es da nicht besser, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein neues?“


Die Autorin ist Pro-Life-Aktivistin, Bundesvorsitzende der ALfA und Landesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben in Hessen

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