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Fanal der gescheiterten Integration

Die islamistischen Symbole, die bei einer Pro-Palästinenser-Demo in Essen gezeigt worden sind, führen zu einer neuen Grundstimmung: Der Islam und Muslime allgemein stehen unter Rechtfertigungszwang.
Pro-Palästina-Demo
Foto: IMAGO/ (www.imago-images.de) | Die Pro-Palästina-Demo in Essen zeigt den engen Zusammenhang zwischen Islam und Islamismus. Die Verbände sind gefordert.

Waren es nun IS-Symbole oder nur Fahnen, die der des „Islamischen Staates“ ähneln? Während Sicherheitsexperten noch darüber rätseln, wie die Symbole und Plakate zu deuten sind, die am vergangenen Freitag bei einer großen pro-palästinensischen Demonstration in Essen gezeigt worden sind, ist das Urteil der Bevölkerung vor Ort ziemlich eindeutig. Die Demonstration hat einen Eindruck abgerundet, der im Ruhrgebiet, seit Jahrzehnten eine Art kultureller Schmelztiegel mit hohem muslimischem Bevölkerungsanteil, schon lange latent ist. Diese Demo war so etwas wie das Tüpfelchen auf dem i – und das i steht in diesem Fall für „Islam“ und "Islamismus“.

Islamistische Tendenzen 

Bisher galt in der öffentlichen Diskussion immer die Formel, dass beides nicht gleichzusetzen sei. Hat der Konsens darüber sowieso schon seit Jahren ordentlich gewackelt, ist er nach den Ereignissen der vergangenen Tage endgültig gekippt. Dass der Islam grundsätzlich mit islamistischen Tendenzen zu kämpfen habe, das ist nun eine Aussage, die man längst nicht mehr nur am berüchtigten Stammtisch hört, er wird immer mehr zum Allgemeingut. Und sie wird auch mittlerweile offen ausgesprochen. 

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Dass sich so ein Stimmungsbild gerade im Ruhrgebiet abzeichnet, ist deswegen bemerkenswert, weil diese Region jahrzehntelang quasi als Musterbeispiel von gelebter Integration verkauft worden ist. Gerade in Sonntagsreden von sozialdemokratischen Funktionären, die hier gefühlte Ewigkeiten politisch dominierten, durfte der Hinweis nie fehlen, wie toll es doch sei, wenn Ali und Alfred Seit an Seit solidarisch gemeinsam an der Werkbank stehen. Diese Romantisierungen einer heilen Multi-Kulti-Welt stimmten zwar schon vor 20 Jahren nicht, das wurde ignoriert.

Friedliche Muslime unter Generalverdacht

Die Opfer dieser Entwicklung sind die vielen friedlichen und vollkommen unbescholtenen Muslime, die ohne irgendwelche Auffälligkeiten ihrer Religion nachgehen. Sie sehen sich zunehmend einem Generalverdacht ausgesetzt. Das einzige Gegenmittel, das hier helfen kann: Diese Muslime müssen an die Öffentlichkeit gehen und deutlich zeigen, dass ihre extremistischen Glaubensbrüder nicht in ihrem Namen sprechen. Auf die Islamverbände, die ja nur einen Bruchteil der Muslime im Land vertreten, sollte man in diesem Zusammenhang keine Hoffnungen setzen. 

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