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Euthanasie und assistierter Suizid auch für Minderjährige

Während die breite Mehrheit der Mediziner aktive Sterbehilfe vehement ablehnt, spricht sich der von Macron einberufene Bürgerkonvent für eine weitgehende Legalisierung aus.
Frankreich will assistierten Suizid legalisieren
Foto: Armin Weigel (dpa) | Von den 184 Mitgliedern des von Präsident Emmanuel Macron einberufenen Konvents waren 167 Mitglieder anwesend und haben sich mit großer Mehrheit für eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe in Form sowohl des ...

Am vergangenen Wochenende hat der in Frankreich zum assistierten Suizid und zur Euthanasie tagende Bürgerkonvent mehrheitlich für eine weitgehende Liberalisierung der aktuell geltenden Gesetzgebung gestimmt. Von den 184 Mitgliedern des von Präsident Emmanuel Macron einberufenen Konvents waren 167 Mitglieder anwesend und haben sich mit großer Mehrheit für eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe in Form sowohl des assistierten Suizids als auch der Euthanasie ausgesprochen. Eine absolute Mehrheit der nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Teilnehmer des Bürgerkonvents ist für die Öffnung des assistierten Suizids und der Euthanasie auch für Minderjährige.

Auf die Frage „Sollte die Möglichkeit des Zugangs zu aktiver Sterbehilfe in Form von Euthanasie nur Personen offenstehen, die in der Lage sind, einen freien und informierten Willen zu äußern?“ hat eine relative Mehrheit von 59 Teilnehmern mit „Ja“ geantwortet, wohingegen 57 Teilnehmer mit „Nein“ stimmten und sich 45 Personen enthielten.

Abschlussbericht soll im März fertig sein

Am vergangenen Samstag und Sonntag tagte der Bürgerkonvent zum sechsten Mal. In seiner neunten und abschließenden Sitzung am 19. März soll der Abschlussbericht des Konvents fertiggestellt und der Regierung übergeben werden. Die Frage, die der Bürgerkonvent auf Wunsch von Präsident Emmanuel Macron beantworten soll, lautet: „Ist der (gesetzliche) Rahmen für die Begleitung des Lebensendes den verschiedenen auftretenden Situationen angemessen oder sollten eventuelle Änderungen eingeführt werden?“

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Die Teilnehmer wurden nach Repräsentativitätskriterien zufällig aus der Bevölkerung ausgewählt und haben seit Dezember an sechs Wochenenden getagt. Dabei hörten sie Experten aus der Medizin, dem Rechtswesen und den Religionsgemeinschaften. Noch ist offen, ob nach dem Ende des Bürgerkonvents eine parlamentarische Debatte oder ein Referendum folgen soll.

800.000 Mediziner und Pfleger gegen aktive Sterbehilfe

Mediziner und Pfleger in der Palliativmedizin lehnen mehrheitlich eine Teilnahme an der aktiven Sterbehilfe ab. Das geht aus einer am vergangenen Freitag veröffentlichten Erklärung hervor, in der sich dreizehn Berufsverbände und wissenschaftliche Gesellschaften, die insgesamt 800.000 Pflegekräfte aus allen Bereichen vertreten, eindeutig gegen die aktive Sterbehilfe positionieren. In der 20-seitigen Stellungnahme erklären sie, warum ihr Beruf „mit der Praxis eines medizinisch verabreichten Todes unvereinbar ist“, einen maßgeblichen ethischen Umschwung bedeuten und die Definition von „Pflege“ auf den Kopf stellen würde.

Die Unterzeichner haben eine Liste an Tätigkeiten aufgestellt, die Ärzten und Pflegern zufallen würden, sollte die aktive Sterbehilfe legalisiert werden. Die Liste reicht von der Verfertigung des Antrags auf aktive Sterbehilfe über die Verschreibung des Tötungssubstanz über seine Verabreichung bis hin zur Begleitung des Tötungswilligen bis zu seinem Tod. Die Unterzeichner lehnen die Euthanasie kategorisch ab und betonen, dass die Verschreibung einer Tötungssubstanz „nicht mit der Pflege gleichgesetzt werden dürfen“ und „von der Pflegepraxis getrennt bleiben müssen“.

Gegenüber der Tageszeitung „Le Figaro“ monieren mehrere Mediziner und Pfleger, dass in den von der Regierung angestoßenen Beratungsprozessen zum Lebensende nur über die Palliativpflege gesprochen werde, wohingegen der assistierte Suizid und die Euthanasie wie ein rosa Elefant im Raum stehe, über den nicht gesprochen werde.

„Skandalöse Art der populistischen Demagogie“

In „Sud Radio“ bezeichnete der katholische Europaabgeordnete Francois-Xavier Bellamy das Format des Bürgerkonvents als „skandalöse Art der populistischen Demagogie“. Der Ort für demokratische Debatten sei zunächst das Parlament, so der 37-jährige Politiker der „Républicains“.

Im Interview mit „La Croix“ zeigt sich Erzbischof Pierre d’Ornellas, alarmiert: „Die Frage der Minderjährigen ist überraschend, aber für mich ist es am erstaunlichsten, dass man Sterbehilfe für Menschen, die ihren freien und informierten Willen nicht äußern können, vorschlagen und sogar beschließen kann. Wo soll das hinführen? Das ist gefährlich und sogar erschreckend!“ Er bezeichnet die Frage, die dem Bürgerkonvent zur Bearbeitung gestellt wurde als Falle, den kein Gesetz könne auf alle Situationen reagieren: „Die Falle hat funktioniert: Wenn diese Abstimmung der Bürger das Gesetz diktieren würde, dann ist die Tür für alle Auswüchse offen, denn es wird immer Fälle geben, für die das Gesetz ausgeweitet werden muss“, so der Oberhirte von Rennes.  DT/fha

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