Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Eine moderne Ikone in unruhiger Zeit

Die Queen war einfach immer nur da. Voller Würde, voller Pflichtgefühl, in aller Verschwiegenheit.
Königin Elizabeth II.
Foto: Jane Barlow (PA Wire) | Elizabeth II. im Juni bei einer Militärparade zu ihren Ehren im Garten des Holyrood-Palasts.

War sie eine britische Institution, ein „Fels“, auf dem die englische Nation errichtet wurde, wie Premierministerin Liz Truss meinte? Für Mick Jagger war sie die „viel geliebte Großmutter der Nation“. Aber die Queen war mehr, wie jetzt die Reaktionen in aller Welt zeigen. Elisabeth II. begann zu regieren, als die meisten Menschen noch nicht geboren waren. Sie hatte keine politische Agenda. Sie hat ihr Land nicht geführt. Sie war einfach immer nur da. Voller Würde, voller Pflichtgefühl, in aller Verschwiegenheit. So wurde sie zu einer modernen Ikone, zu einem kollektiven Mythos, der die Welt weit über die Grenzen der britischen Insel hinaus erfasste.

 

 

Ein Hauch von Nostalgie

Charles III. wird diese Popularität nicht mehr gewinnen können. Mit Königin Elisabeth verliert die Welt etwas Einzigartiges. Zeitungen, die großen Fernsehsender, Radio und soziale Netzwerke haben jetzt ein großes Thema, mit dem sich der vom Krieg in der Ukraine und der Gasknappheit verschreckte Bürger etwas ablenken kann.

Lesen Sie auch:

Die Bilder der vergangenen siebzig Jahre mit der Queen, die jetzt überall laufen, zeigen es: Der Abschied von Elisabeth ist auch ein Bad in der Vergangenheit und hat den Geschmack eines medial inszenierten Hauchs von Nostalgie, der umso verständlicher ist, als die Queen für eine Art von Halt und Beständigkeit stand, die heute, in Zeiten des „Dritten Weltkriegs in Etappen“, dramatisch zu schwinden drohen.

Als die Monarchie zu wanken schien

Elisabeth II. hat ihre Person völlig hinter ihrem Amt zurücktreten lassen. Das machte sie sehr souverän. Aber genau das markierte auch den einzigen Augenblick, an dem die Institution der britischen Monarchie zu wanken schien: Vor 25 Jahren, wegen des tragischen Tods von Lady Diana Spencer. Die Queen schwieg, die Briten murrten. Es war der britische Premier Tony Blair, der der Königin, die sich auch damals nach Balmoral zurückgezogen hatte, deutlich machte, dass sie ein persönliches Gefühl für die „Prinzessin der Herzen“ öffentlich zeigen müsse. Elisabeth tat es. Sie erfüllte ihre Pflicht, weil das Volk danach verlangte.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Guido Horst Tony Blair Würde

Weitere Artikel

Lars Klingbeil, typischer Protagonist einer Nach-Geschichte, hat die klassische Sozialdemokratie gar nicht mehr erlebt. Vielleicht wird er der sein, der das Licht endgültig ausmacht.
21.08.2025, 11 Uhr
Sebastian Sasse
Arbeit ist nicht nur Broterwerb, sondern konstitutiv für menschliche Identität. Also müssen wir sie als das gestalten, was sie sein sollte: ein Weg zu Würde, Sinn und Freiheit.
10.11.2025, 09 Uhr
Thomas Schwartz

Kirche

Die drei Xaverianer-Missionare Luigi Carrara, Vittorio Faccin und Giovanni Didonè und der Priester Albert Jouvert wurden 1964 in der Demokratischen Republik Kongo ermordet.
27.11.2025, 21 Uhr
Claudia Kock
Rom bekennt sich zur Ökumene und zum interreligiösen Dialog. Der Papst wird in beidem dicke Bretter bohren müssen.
27.11.2025, 11 Uhr
Guido Horst