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Ein Irrtum, der korrigiert gehört

Als Mitglied der „Päpstlichen Akademie für das Leben“ ist die Ökonomin Mariana Mazzucato untragbar. 
Mariana Mazzucato,
Foto: Gian Ehrenzeller (KEYSTONE) | Die Ökonomin und Abtreibungsbefürworterin Mariana Mazzucato wurde in die Päpstliche Akademie für das Leben berufen.

Der Präsident der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, Erzbischof Vincenzo Paglia, hat die Berufung der umstrittenen Ökonomin, Mariana Mazzucato vom University College London in die Akademie verteidigt. Bedauerlicherweise mit untauglichen Argumenten. Was nicht nur die Vermutung nahe legt, dass der Erzbischof taugliche nicht zur Hand hatte, sondern auch, dass solche womöglich gar nicht existieren.

Natürlich wird niemand in eine „Päpstliche Akademie“ berufen, weil er jede Zeile des Credos und jeden Punkt des Weltkatechismus rückhaltlos unterschreiben könnte, oder weil er es versteht, seinem Beichtvater nur selten zu beschäftigen. Sondern, weil er eine Expertise mitbringt, die anderen fehlt und damit eine Perspektive einbringt, von der sich die Berufenden erhoffen, dass sie die Arbeit des Gremiums befeuert.

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Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

So weit so gut. Und wenn Mazzucato in die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ berufen worden wäre, könnte man sich der Argumentation Paglias hier womöglich noch anschließen. Aber die umstrittene Ökonomin wurde eben nicht in diese, sondern in die „Päpstliche Akademie für das Leben“ berufen. Und wer meint, wie Mazzucatos Einlassungen auf Twitter unmissverständlich zeigen, Anlass zu haben, das Urteil des US-Supreme Courts, mit dem dieses sein eigenes Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 aufhob, öffentlich zu geißeln, muss in der wichtigen Abtreibungsfrage schon sehr verbohrt sein. Denn mit ihm verboten die Höchstrichter die Durchführung vorgeburtlicher Kindstötungen ja keineswegs. Sie legten lediglich die Kompetenz, diese rechtlich zu regeln, wieder in die Hände der demokratisch gewählten Parlamente der Bundestaaten.

Wer Mazzucatos wirtschaftswissenschaftliche Expertise, die nicht von allen gleich hoch eingeschätzt werden dürfte, für die eigene Arbeit nicht missen will, hat zudem andere Möglichkeiten, diese anzuzapfen. Ein Gastvortrag hier, ein Gutachten dort, der Phantasie sind hier praktisch keine Grenzen gesetzt. Die Akademie selbst überdies den Status des korrespondieren Mitglieds. Mit dem deutschen Onkologen und Medizinethiker Stephan Sahm wurde gerade jemand in die Akademie berufen, der diesen Status lange Zeit innehatte.

Verstörende Unterscheidung zwischen „pro choice“ und „pro abtreibung“

Da hilft auch der Hinweis Paglias nicht, weltweit stürben jedes Jahr zwei Millionen Menschen an Unterernährung. Denn durch Abtreibungen, der Todesursache Nummer 1 auf der Welt, sterben weltweit jedes Jahr mehr als 20 Mal so viele Menschen.

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Geradezu verstörend aber ist, wenn der Erzbischof meint, zwischen „pro choice“ und „pro abtreibung“ unterscheiden zu können und behauptet, Mazzucatos Tweets sei vielleicht „pro choice“, aber nicht „pro abtreibung“. Der Begriff „pro choice“ ist eine Wortschöpfung der Abtreibungslobby. Sie wurde einzig und allein ersonnen, um die Befürwortung von Abtreibungen, sanfter erscheinen zu lassen und so für mehr Menschen zustimmungsfähiger zu machen.

Auch ein Erzbischof kann irren, muss den Irrtum aber korrigieren

Heute würde man von „Framing“ sprechen. Welche Wirkung sich damit erzielen lässt, haben die Deutschen gerade schmerzhaft erlebt: Ärzte, die vorgeburtliche Kindstötungen öffentlich anpreisen, „werben“ hierzulade nicht länger für eine von ihnen gegen ein Honorar angebotene Dienstleistung, nein sie „informieren“ jetzt lediglich.

Es ist eines, wenn die von der Abtreibungslobby durchsetzten Ampelparteien, auf das Framing ebendieser „hereinfallen“, und etwas ganz anderes, wenn der Präsident der „Päpstlichen Akademie für das Leben“ dies tut. Natürlich kann auch ein Erzbischof irren. Aber er sollte die Demut besitzen, diesen Irrtum korrigieren. Tut er es nicht, nährt er das Narrativ jener, die behaupten, dahinter stecke Absicht und systematischer Plan.

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