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Die Schneeball-Politik von Olaf Scholz

Was für Merkel die Raute war, könnte für Olaf Scholz der Schneeball werden, der niemals geworfen wird.
Olaf Scholz bei der Klausurtagung der Bundesregierung auf Schloß Meseberg
Foto: Sven Hoppe (dpa) | Bei der Klausurtagung der Bundesregierung auf Schloß Meseberg gingen wohl auch bei Olaf Scholz die Pferde durch. Zumindest gemessen an seiner sonst üblichen hanseatischen Nüchternheit.

„Hei, hei, hei so eine Schneeballschlacht, ja das ist was für die Großen und Kleinen. Wenn Frau Holle ihre Betten macht, ja dann braucht die liebe Sonne nicht zu scheinen.“ So trällerte die kleine Cornelia Froboess einst. Eine Kabinettssitzung ist in der Regel alles andere als ein Kinderidyll. Aber eine Luftveränderung sorgt ja nicht nur beim Otto-Normalverbraucher dafür, dass neue Lebensgeister geweckt werden. 

Mit Scholz gehen die Pferde durch

Bei der Klausurtagung der Bundesregierung auf Schloß Meseberg gingen wohl auch bei Bundeskanzler Olaf Scholz die Pferde durch. Zumindest gemessen an seiner sonst üblichen hanseatischen Nüchternheit. Er formte tatsächlich einen Schneeball. Und dann … Erschien ein Video davon auf seinem Instagram-Kanal. Später erklärte der Regierungschef, er habe den Ball zwar geworfen, aber natürlich, wie es sich für einen Bundeskanzler gehöre, auf niemanden. 

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Kanzler und Könige hatten früher Wappen und einen entsprechenden Sinnspruch dazu. Beides wurde dann in gewisser Weise zum Motto ihrer Regierungszeit. Ihre demokratischen Nachfolger haben es da schon schwerer. Sie bestimmen in der Regel nicht selbst, obwohl es natürlich jeder Kanzler versucht, welches Etikett die Öffentlichkeit ihrer Regierungszeit aufklebt. Bei Gerhard Schröder war es sein „Basta“, in der Ära Merkel wurde die berühmte Raute für Anhänger wie Kritiker zum Symbol für den Regierungsstil der Kanzlerin. 

Der Schneeball ist nur eine Drohung

Und jetzt bei Scholz? Ist es vielleicht der Schneeball, der nicht geworfen wird? Es würde tatsächlich passen zu dem zögerlichen Zug, der bei Scholz festzustellen ist. Oder ist das Schneeball-Bild doch ganz anders zu deuten? Es könnte auch für ein subtiles Pädagogik-Modell stehen. Der Kanzler zeigt den bösen Buben nur die Instrumente, mit denen er sie strafen könnte. Hofft aber auf Einsicht. Der Schneeball ist also nur eine Drohung. Geworfen werden muss er nicht. 

Für Kanzler gibt es keine Unbefangenheit. Was sie auch tun, es wird sofort gedeutet und in Bezug zu ihrer Regierungsarbeit gesetzt. Wir werden sehen, wie lange das Schneeball-Bild mit Bundeskanzler Olaf Scholz verbunden bleibt. Wird die weiße Kugel tatsächlich zu seinem Wappensymbol? Oder taut der Ball bald wieder? Das werden endgültig erst die Historiker klären können.

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Sebastian Sasse Gerhard Schröder Olaf Scholz

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