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Der Pseudo-Konservativismus der AfD

Selbstbedienung statt dienen: Die Ereignisse im Thüringer Landtag zeigen, wie die AfD von ihrem Opfer-Mythos lebt. Um ihn am Leben zu erhalten, ist ihr alles recht. 
Björn Höcke, der AfD-Spitzenkandidat im Thüringer Landtag
Foto: SaschaxFromm (www.imago-images.de) | Plante er, wie es ein CDU-Politiker formulierte, die "Machtergreifung"? Der AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke im Thüringer Landtag.

Preußen und die dazugehörigen Tugenden nimmt die AfD gerne für sich in Anspruch. Erst kürzlich feierte ihr sachsen-anhaltinischer Landesverband ein Preußenfest, bei dem unter anderem Maximilian Krah entsprechende theoretische Reden schwang. Ein zentraler Punkt im preußischen Wertekosmos ist das Dienstethos. Und auch wenn man kein Fan von preußischem Kitsch ist, so besteht doch  kein Zweifel: ohne die Bereitschaft seiner Bürger zum Dienst für das Gemeinwohl kommt kein Staatswesen aus. Besonders Konservative betonen diesen Zusammenhang. Ja, es ist vielleicht in einer Zeit,  in der tendenziell nach der Freiheit von etwas und nicht nach der Freiheit zu etwas gerufen wird, ihre vornehmste Aufgabe.

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Und jetzt zur AfD, die sich gerne zur parteipolitischen Erbin solcher konservativer Grundgedanken stilisiert. Die Ereignisse im Thüringer Landtag in den vergangenen Tagen haben nun aller  Welt gezeigt, dass diese Beschwörungen und blauen Sonntagsreden nichts anderes sind als Rhetorik. Vom Thüringer Verfassungsgericht konnte man nun lernen, dass der Alterspräsident eine "dienende Aufgabe" hat. Und Jürgen Treutler hat sich ja auch in einen Dienst gestellt, aber eben nicht in den der Verfassung, in den Dienst des Parlamentes, also der vom Volk gewählten freien Abgeordneten, sondern er hat als bloßer Erfüllungsgehilfe der Machtinteressen seiner Partei agiert. Das ist mit der  Entscheidung des Verfassungsgerichts juristisch geklärt worden. Sie ist erfreulicherweise eindeutig. Der AfD ist es nicht gelungen, den Thüringer Landtag dauerhaft ins Chaos zu stürzen.

Aber das Ganze hat auch noch eine andere Dimension, es geht um die politische Kultur. Um das gleich klar zu stellen: Parteien dürfen, ja müssen Machtinteressen haben. Nur in der Art und Weise, wie sie diese verfolgen, zeigen sie dann ganz konkret, welche Vorstellung sie von einer solchen politischen Kultur haben. Darf man die AfDler nun künftig parlamentarische Barbaren nennen? Der zentrale Bestandteil der politischen Kommunikation dieser Partei besteht darin, sich als Opfer zu stilisieren. Für dieses Ziel ist man bereit, die Verfassung zu beugen, ein Dienstamt wie das des Alterspräsidenten für die eigene Kampagne zu instrumentalisieren und auch in Kauf zu nehmen, dass das Ansehen des Parlamentes in der Bevölkerung beschädigt wird. Das Motto: Alles für die AfD. Also: Selbstbedienung statt dienen. Konservativ ist dieser Parteiegoismus nicht. Klar ist leider auch, viele der AfD-Anhänger, die Kampagne wirkt eben, halten diesen Egoismus mittlerweile für Patriotismus. Wenn das der Alte Fritz wüsste...

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