Es ist ein ehernes Gesetz: Wer dem politischen Messianismus frönt, wird enttäuscht werden. Und das nicht selten früh statt spät. Auch im Land der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten ist das nicht anders, wie US-amerikanische Lebensrechtler, ohne deren Stimmen Donald Trump nicht zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt worden wäre, jetzt erfahren mussten.
Anfang des Monats hatte dort die Arzneimittelbehörde „Food and Drug Administration“ (FDA) still und heimlich dem Pharmahersteller „Evita solutions“ die Genehmigung erteilt, eine generische Version von „Mifepriston“ auf den US-amerikanischen Markt zu bringen. Bei Mifepriston handelt es sich um einen jener beiden Wirkstoffe, mit dem überall in der Welt vorgeburtliche Kindstötungen durchgeführt werden.
„Schandfleck für die Präsidentschaft Trumps“
Kristan Hawkins, Präsidentin der einflussreichen Lebensrechtsorganisation „Students for Life of America“ und eine enge Freundin des ermordeten Charlie Kirk, sprach von einem „Schandfleck für die Präsidentschaft Trumps“. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, verteidigte dagegen die Entscheidung der FDA. Die Zulassung des Präparats sei keineswegs „eine Befürwortung dieses Medikaments“. Die Beamten hielten sich „lediglich an das Gesetz“.
Das ist jedoch nur teilweise richtig. Tatsächlich schreibt Titel 21 des United States Code vor, dass das Gesundheitsministerium Generika, die chemisch mit einem bereits zugelassenen Präparat identisch sind, nicht die Zulassung verweigern darf. Allerdings gilt das nur, wenn die vom Hersteller vorgelegten Daten den Standards für Sicherheit und Wirksamkeit entsprechen.
Von wegen sicher und wirksam
Und eben genau daran gibt es erhebliche Zweifel. Ende April hatte das „Ethics & Public Policy Center“ (EPPC) eine Studie veröffentlicht, welche die Versicherungsdaten von 865.272 Frauen auswertete, denen zwischen 2017 und 2023 der Wirkstoff Mifepriston zum Zweck einer vorgeburtlichen Kindstötung verschrieben wurde. Das schockierende Ergebnis: In beinahe elf Prozent der Fälle (10,93 Prozent) erlitten Frauen binnen 45 Tagen nach einer Abtreibung mit Mifepriston „eine Sepsis, eine Infektion, eine Blutung oder ein anderes schwerwiegendes oder lebensbedrohliches unerwünschtes Ereignis“ – und damit rund 22 Mal so häufig, wie vom Hersteller selbst angegeben.
Dazu muss man wissen: In den USA werden mittlerweile fast zwei Drittel aller vorgeburtlichen Kindstötungen mit der Abtreibungspille durchgeführt. 2016 hatte die FDA die im Jahr 2000 erfolgte Zulassung des Präparats zur Durchführung von Abtreibungen von der siebten Schwangerschaftswoche auf die zehnte ausgeweitet und zugleich die Zahl der erforderlichen Arztbesuche von drei auf einen reduziert. Außerdem genehmigte die Behörde die Verschreibung des Präparats durch „Nicht-Ärzte“ und hob die Pflicht zur Berichterstattung über „nicht tödliche Zwischenfälle“ auf. 2021 erlaubte die FDA die Zustellung der Abtreibungspille auf dem Postweg. Anfang 2023 hob sie die verpflichtende persönliche Vorstellung der Schwangeren bei einem Arzt ganz auf.
Abtreibungslobby feiert Zulassung des tödlichen Präparats
US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. hatte vergangenen Monat angekündigt, sein Ministerium werde die Sicherheit von Mifepriston überprüfen. Es wäre daher ein Leichtes gewesen, die Zulassung der generischen Version des Präparats aufzuschieben und an den Ausgang der Prüfung zu knüpfen. Stattdessen feiert nun die Abtreibungslobby. „Durch die Erweiterung der Generika-Optionen unterstreicht die Behörde die einwandfreie Sicherheitsbilanz von Mifepriston“, erklärte Kiki Freedman, Mitbegründerin und CEO des Telemedizin-Anbieters für vorgeburtliche Kindstötungen „Hey Jane“.
Lebensrechtler sind gut beraten, sich von Donald Trump und seiner Administration kein X für ein U vormachen zu lassen. Denn letztlich nützen all die „heartbeat-bills“ (dt.: Herzschlag-Gesetze) in den Bundesstaaten, welche die Rücknahme von „Roe v. Wade“ durch die von Trump nominierten Höchstrichter ermöglicht haben, nichts, wenn abtreibungswillige Frauen sich die Abtreibungspille nach Hause schicken lassen können und ihre „beautiful babies“ (Trump) einfach dort abtreiben. Künftig sogar preiswerter als bislang.
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