Xi Jinping hat bei seinem dreitägigen Besuch in Moskau weder den Weltfrieden gerettet noch eine russisch-chinesische Militärallianz begründet. Er hat sehr geschickt und sanft getan, was das kommunistische China unter seiner Führung immer tut: Xi Jinping hat chinesische Interessen vertreten und Chinas Macht erweitert. Alle Vorwürfe, China stehe im Krieg auf der Seite Russlands, und alle Appelle, Peking solle sich endlich von Putin distanzieren, zielen haarscharf an der Wirklichkeit vorbei: China steht ausschließlich und konsequent auf der Seite chinesischer Interessen.
Xi Jinping hat in Moskau die Freundschaft zu Putin zelebriert, weil er damit der als hegemonial empfundenen Deutungshoheit des Westens widersprechen kann und Russland enger an China bindet. Dank der westlichen Sanktionen ist Putins Reich bereits jetzt vollständig vom Handel mit dem „Reich der Mitte“ abhängig. Diese Abhängigkeit nutzt China, um von Russland zu Billigpreisen – und zunehmend in chinesischen Yuan abgerechnet – Öl und Gas zu importieren, ohne deshalb den Westen als Absatzmarkt oder Afrika als Ressourcenlager zu vernachlässigen.
Der Westen bekommt den „Schwarzen Peter“
Russlands politische Isolation und wirtschaftliche Schwäche nützt dem rohstoffhungrigen, bevölkerungsreichen China. Aber auch die Pattstellung zwischen Russland und dem Westen nützt dem chinesischen Alleinherrscher, der sich in „russlandfreundlicher Neutralität“ mit seinem 12-Punkte-Plan als ehrlicher Makler eines möglichen Friedens gibt. So vage dieser chinesische Friedensplan auch ist, er ermöglicht es Moskau und Peking doch, den „Schwarzen Peter“ dem Westen zuzuschieben: Sobald der Westen und Kiew bereit seien, könne Chinas Plan zur Grundlage eines gerechten Friedens werden, propagierten Xi Jinping und Wladimir Putin in Moskau.
China ist der große Kriegsgewinnler. Nicht nur ökonomisch und diplomatisch, sondern wohl auch weltpolitisch und militärisch. Es ist kein Zufall, dass Xi Jinping eine Steigerung der Rüstungsausgaben um 7,2 Prozent durchgesetzt hat und aus Chinas Armee eine „Große Mauer aus Stahl“ machen will. Der chinesische Staats- und Parteichef hat aus den Fehlern Putins im Ukraine-Krieg gelernt. Und er ist entschlossen, im Fall Taiwans geschickter und erfolgreicher vorzugehen.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.