„Scholz packt das an.“ – mit diesem Slogan ist der jetzige Bundeskanzler in den Wahlkampf gezogen. Ein Großteil der Bevölkerung – das zeigen seine schlechten Umfragewerte der letzten Tage – hat ganz offensichtlich Zweifel, ob Olaf Scholz dieser Handlungsmaxime wirklich noch folgt. Und das in einer Situation, in der es um Krieg oder Frieden geht.
Das Volk verlangt nach klaren Worten
Natürlich hat jeder Bundeskanzler sein ganz eigenes Führungscharisma. Olaf Scholz ist eben Olaf Scholz und nicht einer seiner Vorgänger. Und der Bundeskanzler selbst scheint offenbar davon überzeugt, dass er in der für ihn typischen Zurückhaltung – möglichst wenig Worte machen, klare Positionierungen vermeiden – genau jene Führungsstärke zeigt, die ihn bisher in seinem politischen Leben immer weiter gebracht hat.
Die aktuelle Krisensituation zwischen Russland und der Ukraine ist aber kein Bundestagswahlkampf bei dem er sich mit einer solchen Taktik zum Sieg durchwursteln kann. Angesichts einer Kriegsgefahr verlangt das Volk nach klaren Worten des Kanzlers. Wer in diesen Tagen mit älteren Menschen spricht, die selbst noch den Zweiten Weltkrieg erlebt haben, kann erfahren, wie sehr auch in Deutschland die Angst umgeht, dass das, was über Jahrzehnte unmöglich schien, plötzlich Realität werden könnte: ein Krieg in Europa. Ein Kanzler ist eben nicht nur der leitende Angestellte der Deutschland AG, der mehr oder weniger technokratisch effektiv die Geschäfte führt. Ein Kanzler muss auch ein Psychologe sein, der die Ängste in der Bevölkerung erkennt, auf diese Sorgen reagiert und so Vertrauen in seine Politik erzeugt.
Die Menschen wollen wissen, wofür Olaf Scholz steht und nach welchen Maximen er ihr Land führt. Der Bundespräsident ist gestern über seinen Schatten gesprungen und hat klare Worte gefunden. Die nächsten Tage werden zeigen, ob Olaf Scholz nachzieht oder weiter blass bleibt.
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