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Christen in Gaza: „Es fehlt uns an allem“

Die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln sei enorm eingeschränkt, berichten Christen gegenüber „Kirche in Not“
Schwester Nabila in Gaza-Stadt

Die Trinkwasserversorgung in Gaza sei katastrophal und auch sonst fehle es an allem: Das geht aus einem Gespräch des katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ mit Schwester Nabila Saleh hervor, die sich seit Beginn des Krieges in Gaza in der katholischen Pfarrkirche „Heilige Familie“ um geflohene Christen kümmert. Aktuell erlebe die christliche Gemeinde vor Ort die wohl schlimmste Zeit seit Beginn der Kämpfe.

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Gekappte Telefonleitungen und unterbrochene Anrufe via Online-Diensten erschweren den Kontakt nach Gaza-Stadt, trotzdem können ein paar Textnachrichten von Schwester Nabila durchgestellt werden. „Uns geht es gut“, schreibt sie. Auf Nachfrage von „Kirche in Not“ meinte sie damit wohl, dass die in der Pfarrei Untergebrachten noch am Leben sind. Die Umstände seien ansonsten bedrückend: „Wir haben nicht genug, es fehlt uns an allem.“

Zwei Mahlzeiten pro Woche

Auch ein anderer, anonymer Projektpartner des katholischen Hilfswerks erklärt die besorgniserregenden Entwicklungen: „Unsere Leute leiden, jede Minute. Jedes Mal, wenn über einen Waffenstillstand gesprochen wird, nimmt die Intensität der Militäroperationen zu.“ Darüber hinaus sei die Versorgung mit Lebensmitteln stark eingeschränkt. Besonders für größere Menschengruppen sei es trotz kleinerer Erfolge immer noch schwierig, Nahrung zu finden. „Die christliche Gemeinde ergreift jede Gelegenheit, um Trinkwasser und Lebensmittel zu sichern“, führt er aus. Dies könne manchmal einige Stunden dauern. 

Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem schaffe es durch die Kooperation von verschiedenen Hilfsorganisationen auf dem Pfarreigelände, zwei Mahlzeiten pro Woche und jeden zweiten Tag Brot für die Menschen bereitzustellen.

Größer noch bleibe die Herausforderung der Versorgung mit sauberem Trinkwasser: „Wir haben schmutziges Wasser für die Sanitäranlagen, aber das Trinkwasser kann nur unzureichend aufbereitet werden“, schildert der anonyme Projektpartner des päpstlichen Hilfswerkes. So würden sich verschiedenste Krankheiten verbreiten. Viele Kinder würden unter Durchfall, ältere Menschen unter schwereren Erkrankungen leiden. Sie bräuchten eigentlich Versorgung im Krankenhaus. Laut dem Projektpartner sei dies aber „aktuell nicht möglich.“ Auch die Priester und Ordensschwestern seien sehr erschöpft.

„Es wird ein außergewöhnliches Osterfest“

Eine der wenigen Stützen derzeit sei die Möglichkeit, in der Pfarrei von Gaza-Stadt den Glauben zu leben. Täglich werde die Messe gefeiert und der Rosenkranz gebetet, so „Kirche in Not“. Auch ein seelsorgerisches Angebot für traumatisierte Menschen und die Kinder werde angeboten. Mit Blick auf das anstehende Osterfest erklärt der anonyme Projektpartner: „Es wird ein außergewöhnliches Osterfest. Aber wir sind dem gekreuzigten Jesus jetzt näher denn je“.

Nach Informationen des Hilfswerks „Kirche in Not“ befinden sich momentan über 500 katholische und orthodoxe Christen in den Pfarreiräumen, nach Kriegsbeginn waren es noch knapp 700 gewesen. Unter ihnen sind auch 120 Kinder und Jugendliche.

Das Viertel Al Zeyton, in dem die einzige katholische Pfarrei liegt, war in den vergangenen Wochen von schweren Kämpfen heimgesucht worden. Die israelische Armee hatte dort nach eigenen Angaben „dutzende Terroristen bei Bodenkämpfen und gezielten Luftangriffen getötet“. DT/jmo

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