Santiago de Chile

Chile: Praktizierender Katholik in Stichwahl um Präsidentenamt

In Chile hat José Antonio Kast die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewonnen. Der Katholik und Lebensschützer geht mit einem dezidiert konservativem Programm in die Stichwahl.
Präsidentschaftswahlen in Chile
Foto: Esteban Felix (AP) | Kast, Sohn deutscher Einwanderer, war von 2002 bis 2018 Abgeordneter in der Nationalversammlung sowie bei den Wahlen 2017 und 2021 Präsidentschaftskandidat.

Der Katholik und Lebensschützer José Antonio Kast (55) hat die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Chile gewonnen. Der Sohn deutscher Einwanderer, der in Santiago die Deutsche Schule besuchte und im Anschluss daran an der „Päpstlichen Katholischen Universität von Chile“ Jura studierte, erhielt 27,91 Prozent der Stimmen. Nun tritt er bei der Stichwahl am 19. Dezember gegen den linken Kandidaten Gabriel Boric (35) an, der 25,85 Prozent der Stimmen bekam.

Zwischen Freiheit und Kommunismus entscheiden

Wirbt der ehemalige Studentenführer Boric für „den Ausbau des Sozialstaats, Klimaschutz und Frauenrechte“, so formuliert Kast sein Programm prägnanter: „Wir müssen uns zwischen Freiheit und Kommunismus entscheiden“. Kast war von 2002 bis 2018 Abgeordneter in der Nationalversammlung sowie bei den Wahlen 2017 und 2021 Präsidentschaftskandidat. Nun vertritt er die Republikanische Partei Chiles, die Kast im Januar 2020 mitgründete. Er ist ihr erster Vorsitzender. 

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Zu seinem Programm gehört die Wiederherstellung von „Frieden, Ordnung und Fortschritt“, nachdem Chile seit etwa zwei Jahren von mehreren Protestwellen betroffen ist. Zuletzt wurde wegen Brandanschlägen und Angriffe radikaler Mapuche-Indigener in einigen südlichen Regionen der Notstand ausgerufen.

Im Jahr 2011 erinnerte sich der Vater von neun Kindern in „latercera.com“ an seine Kindheit: „Wir zehn Geschwistern wurden von ‚Oma’ großgezogen. Sie war allerdings nicht unsere Großmutter, sondern eine ältere jüdische Frau, die als einzige aus ihrer Familie den Zweiten Weltkrieg überlebt hatte“. Er zeigt sich darin auch „stolz“ auf die Priesterberufung seines Bruders Hans. Darin schreibt Kast auch: „Ich bete vor dem Schlafengehen. Ich bin praktizierender Katholik“ sowie: „Ich möchte mich einsetzen, damit das Abtreibungsgesetz nicht verabschiedet wird.“

Von deutschen Medien kritisiert

Das Abtreibungsgesetz wurde jedoch unter Präsidentin Bachelet verabschiedet. Deshalb heißt es laut dem katholischen Nachrichtenportal „Aciprensa“ in seinem Regierungsprogramm für die Präsidentschaftswahlen 2021: „Wir werden das Gesetz aufheben, das die Abtreibung ermöglicht. In der Zwischenzeit fordern wir das Recht natürlicher und juristischer Personen auf Verweigerung aus Gewissensgründen“. Denn „wir verteidigen das Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Alle Menschen haben unveräußerliche Rechte, die ihnen von keiner Person oder Mehrheit genommen werden können“. Laut „Aciprensa“ ist José Antonio Kast Mitglied der Schönstatt-Bewegung. 

Wahrscheinlich ist sein Eintreten für den Lebensschutz und sein offenes Bekenntnis für den katholischen Glauben mit ein Grund, warum José Antonio Kast in den deutschen Medien als „rechtskonservativ“ bis „ultrarechts“ bezeichnet wird. So schreibt der Berliner „Tagesspiegel“: „Er hat sich nie deutlich von der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) distanziert und sympathisiert mit dem ultrarechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Manche chilenische Medien stufen Kast als Rechtsextremisten und Faschisten ein.“

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