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„The Republic“ ist ein netter Versuch

Die selbsternannte Kampagnenagentur „The Republic“ will „dem Linksdrift“ entgegenwirken und das „bürgerliche Lager“ stärken. Lautstärke ersetzt aber keine Strategie.
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Foto: Marijan Murat (dpa) | Neues Kampagneportal im Umfeld der CDU lässt Fragen offen, denn wer immer nur aus der Verteidigungshaltung heraus agiert, der kommt aber letztlich nie aus der Defensive in die programmatische Offensive.

"Kampagnenagentur“ – der Name klingt recht markig, den sich die Macher von „The Republic“ für ihr Projekt ausgedacht haben.  Man wolle dem „Linksdrift“ entgegenwirken: „Unsere Mission ist das bürgerliche Deutschland.“ Man wolle für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand kämpfen. Dazu gibt es auch schon ein erstes Video zu sehen. Geschickt sind unterschiedliche Sequenzen aus Nachrichtensendungen zusammengestellt, die in der Tat vielen Bürgern einen Schauer über den Rücken jagen dürften: Kevin Kühnert plädiert für Enteignungen, Umweltaktivisten machen Krawall im Braunkohlegebiet, Linksextreme sorgen in Berlin für Chaos.

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Dementis von angeblichen Unterstützern

Die Botschaft: „Deutschland steht am Scheideweg.“ Aber die neue „Kampagnenagentur“ will dagegenhalten. Dahinter steht der ehemalige CSU-Mitarbeiter Armin Petschner-Multari. Junge Konservative und Liberale hätten sich hier zusammengeschlossen, um „teilweise provokant und zugespitzt“ für liberal-konservative Werte zu werben, twitterte er. Unterstützung gibt es von einzelnen Promis aus der Union wie Friedrich Merz, andere, denen eine Verbindung unterstellt wurde, haben bereits dementiert.

Wo „The Republic“ Recht hat: Das bürgerliche Lager hat sicher großen Aufholbedarf in Sachen Kampagnenfähigkeit. Gegenüber „Fridays for future“ sieht es alt aus. Aber dieses Problem lässt sich nicht mit ein paar professionell gemachten Clips und frechen Tweets lösen. Denn es geht vor allem um eine inhaltliche Frage: Was sind denn eigentlich diese hier so markig beschworenen liberal-konservativen Werte? Offenbar merkt der Bürger nur dann, was ihm wertvoll ist, wenn es gefährdet ist.

Bedrohungen überall

Zumindest scheinen das die Agentur-Macher zu glauben: Überall werden nur Bedrohungen ausgemacht, gegen die es zu kämpfen gilt – die Gender-Sprache, der öffentlich-rechtliche Rotfunk. Der deutsche Bürger umgeben von Feinden. Und ja, diese Probleme sind ja alle auch nicht falsch. Doch in dieser Zusammenballung wirken sie schon fast so apokalyptisch wie die Weltuntergangsprophezeiungen von Greta und Co. Wo ist hier die positive Vision von einer nach bürgerlichen Werten gestalteten Welt? Was sind diese Werte eigentlich? Und wo liegen ihre Quellen (hier käme dann vielleicht sogar das „C“ ins Spiel)?

Der Frust über die linke Dominanz der öffentlichen Meinung ist ja verständlich. Aber lautstark vorgetragene Wut ersetzt keine Strategie. Statt zu schimpfen, muss das bürgerliche Lager anfangen zu denken. Statt „The Republic“ (warum eigentlich ein englischer Name?), wäre eine Rückbesinnung auf die res publica angesagt. Denn das ist der Kern eines bürgerlichen Selbstverständnisses: Der Einsatz für die öffentlichen Dinge. Für etwas, nicht gegen etwas.

Nur Verteidigung

Wer immer nur aus der Verteidigungshaltung heraus agiert, der kann vielleicht im Kampf-Modus immer noch ein Stückchen aggressiver werden, kommt aber letztlich aus der Defensive nicht heraus. Und er mobilisiert auch nicht über den engen Kreis derer, die sowieso schon zu den eigenen Anhängern gehören, hinaus. Bürgerliche Mäzene können noch so viele neue Online-Portale sponsoren, so lange das bürgerliche Lager keine eigene positive Vision von einer bürgerlichen Gesellschaft hat, wird es zu keiner Trendwende kommen.      

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