Es ist ein Trauerspiel. Da beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) trotz Protesten der Interesseverbände Betroffener und entgegen der Warnung unabhängiger Experten, den nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) zur Kassenleistung zu machen. Mit dem NIPT kann im Blut von Schwangeren nach Fehlverteilungen der Chromosomen 13, 18 und 21 ihrer ungeborenen Kinder gefahndet werden. Nun kam, was kommen musste: Binnen nur eines Jahres wurde der Test zu einer Art Regelleistung. Mit der Folge: Die Abtreibungszahlen schnellen in einem nie gekannten Ausmaß in die Höhe. Das Statistische Bundesamt gibt sich dennoch ahnungslos. Genauso wie die Bundesregierung. Niemand, der sehen will, was er längst sehen könnte.
Die Falsch-Positiv-Rate ist hoch
Der Deutsche Ethikrat, ein Gremium, deren Experten zur Hälfte von der Bundesregierung und vom Bundestag berufen wird, hatte früh darauf aufmerksam gemacht, dass die Falsch-Positiv-Rate des NIPT, je nach Alter der Schwangeren differiert: Schon bei 40-jährigen Schwangeren ist fast ein Viertel der Testergebnisse falsch-positiv. Mit anderen Worten: Würden von 100 Schwangeren im Alter von 40 Jahren ihr Kind bei einem positiven Befund abtreiben, würden in rund 25 Prozent der Fälle Kinder abgetrieben, die in Wirklichkeit gar kein Down-Syndrom hätten. Und je jünger die Schwangere ist, desto höher die Rate der falsch-positiven Ergebnisse.
In einem von mehr als 120 Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen und Gruppen, mit Ausnahme der AfD, gezeichneten Antrag (Bundesdrucksache 20/10515) fordern die Parlamentarier nun die Einrichtung eines Expertengremiums, das "die ethischen, rechtlichen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung" prüft. Doch die FDP-Fraktionsgeschäftsführung mauert. Nun wird der Antrag, der eigentlich am heutigen "Welt-Down-Syndrom-Tag" (21.3.) in Erster Lesung im Bundestag hätte beraten werden sollen, erst im April aufgerufen.
Gefragt ist jetzt auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Sein Haus hat die Rechtsaufsicht über den G-BA. Der Mann hat viel gut zu machen: Lauterbach, übernehmen Sie!
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