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§ 218 StGB: Lebensrechtler sind mit von der Partie

Der „Bundesverband Lebensrecht“ und die „Aktion Lebensrecht für Alle“ veröffentlichen eigene Stellungnahmen.
Schild des Bundesverband Lebensrecht bei Marsch für das Leben in Berlin
Foto: IMAGO/Rolf Zoellner (Zöllner) (www.imago-images.de)

Die Arbeitsgruppe 1 der von der Bundesregierung im März eingesetzten „Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“, welche binnen eines Jahres prüfen soll, ob und wie Abtreibungen außerhalb des Strafrechts geregelt werden können, hat mit dem „Bundesverband Lebensrecht“ (BVL) und der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA) auch zwei Lebensrechtsorganisationen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Nachdem am Mittwoch der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seine Stellungnahme veröffentlichte, haben BVL und ALfA heute nachgelegt und ihre jeweiligen Stellungnahmen auf ihren Webseiten publiziert.

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Die lesenswerten Stellungnahmen bestechen beide sowohl durch ihre logische Stringenz als auch die darin aufgeführten Daten, Zahlen und Fakten, die nahezu sämtlichen Narrativen der Abtreibungsbefürworter den Boden entziehen. 

Wegfall des § 218 StGB schafft zwei Klassen von Menschen

So räumt beispielsweise die ALfA in ihrer Stellungnahme mit dem Märchen auf, die Vereinten Nationen hätten auf der Weltfrauen-Konferenz in Kairo 1994 ein Recht auf Abtreibung codifiziert. Richtig ist vielmehr das Gegenteil. Abtreibung werde „ausdrücklich nicht in das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung“ eingeschlossen. Zudem fordere die Kairoer Erklärung „alle nationalen Regierungen auf, das Bedürfnis nach Abtreibungen zu reduzieren, und dafür Sorge zu tragen, dass alle Bevölkerungs- und Entwicklungsprogramme die international anerkannten Menschenrechte berücksichtigen“, heißt es in der ALfA-Stellungnahme. Und weiter: „Das erste Menschenrecht eines jeden Menschen ist das Recht auf Leben.“ 
 
Nach Ansicht der ALfA würde eine „Regelung zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches“ die „Menschen in Deutschland in zwei Klassen teilen: eine, deren Tötung unter Strafe verboten ist, und eine, deren Tötung keinen Straftatbestand darstellt“. Nach Ansicht der ALfA verstoße eine „Aufgabe des prinzipiellen Tötungsverbots in Bezug auf ungeborene Menschen“ nicht nur gegen die „EU-Grundrechtecharta, die Europäische Menschenrechtskonvention, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie gegen Normen und Prinzipien des allgemeinen Völkerrechts“, sie würde zudem „sehr wahrscheinlich dazu führen, dass die ohnehin schon stark gestiegenen Abtreibungszahlen in Deutschland noch schneller“ anstiegen.

Handlungen haben Konsequenzen, die es zu tragen gilt

Widersprochen wird auch der Behauptung, eine Pflicht zur Austragung eines Kindes verstoße gegen die Menschenwürde seiner Mutter. Da die derzeitige Regelung des § 218 Schwangeren ermögliche, „innerhalb einer Frist von 12 Wochen die ungewollte Schwangerschaft zu beenden“ und „die damit einhergehende Tötung des ungeborenen Kindes straffrei“ bleibe, „sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt“ seien, könne von einer „Austragungspflicht“ „insofern nicht die Rede sein“.

„Bestimmte Handlungen“ hätten „bestimmte Konsequenzen, die es in Verantwortung zu tragen gilt. Eine Schwangere hat Verantwortung für ihr eigenes Leben, aber auch für das ihres ungeborenen Kindes. Sich dieser Verantwortung zu stellen, ist Ausdruck dessen, was laut Kant dem Menschen seine Würde verleiht: die Fähigkeit zu vernünftigem und moralischem Handeln. Schwangerschaftsabbrüche beenden das Leben eines ungeborenen Menschen, dem damit jede Würde streitig gemacht wird. Das Kind auszutragen bedeutet, seine Menschenwürde zu respektieren.“

Internationaler Vergleich der Abtreibungsquoten

Der BVL wendet sich in seiner Stellungnahme gegen den seit gestern auch von der EKD verfochtenen Vorschlag eines „abgestuften Lebensschutzes“. Dieser berge „die Gefahr, dass willkürlich darüber entschieden wird, wer eine bestimmte Stufe dieses Schutzes verdient und wer nicht.“ Er teile „Menschen in mehr oder weniger schützenswerte Kategorien ein, was langfristig auch andere Gruppen von Menschen in Gefahr bringen könnte.“ Weiter heißt es: „Konsequent angewendet, müsste eine derartige Abstufung außerdem diejenigen Menschen am meisten schützen, die am ungeschütztesten sind, im Falle der Abtreibung also besonders die Menschen in ihrem frühesten Existenz-Stadium, in dem sie noch nicht alleine lebensfähig sind. Eine umgekehrte Regelung, den Schutz zu erhöhen, je entwickelter die Menschen sind, führt ein solches Schutzprinzip ad absurdum.“

„Ein erleichterter Zugang zu Abtreibung“ führe, so der BVL, „generell zu steigenden und hochbleibenden Abtreibungszahlen. Der Vergleich mit Staaten, in denen Abtreibung seit (vielen) Jahren leicht zugänglich ist, zeigt, dass auch die Abtreibungsquote (Anzahl der Abtreibungen auf 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter) deutlich höher ist als in Deutschland (62). Kanada liegt bei 115, die Niederlande bei 118, Schweden bei 185, Frankreich bei 149, Großbritannien bei über 200. Auch der Anteil der Schwangerschaften, die durch Abtreibung enden, ist höher: In Großbritannien oder Schweden werden inzwischen bis zu 30 Prozent der Schwangerschaften durch Abtreibung beendet. Diese Entwicklung wäre nach der Abschaffung der bestehenden gesetzlichen Regelung auch in Deutschland zu erwarten.“  DT/reh

 

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