Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um „5 vor 12“

Finger weg von unseren Feiertagen!

Rezession hin oder her: Schön, dass die Kirche sich gegen die Streichung religiöser Feiertage wehrt. Auch wirtschaftlich ist diese „Reformidee“ nur begrenzt sinnvoll.
Fronleichnahmsprozession München 2006
Foto: IMAGO / Klaus Haag | Eine gut besuchte Fronleichnamsprozession wie hier in München 2006: klar, das ist wohl vielerorts eher Vergangenheit. Trotzdem lohnt es sich, die Restbestände gemeinsamer kultureller Prägung zu verteidigen.

Deutschland steckt in der Rezession. Und die Aussicht auf eine nie gekannte staatliche Investitionsoffensive wirkt nur bedingt: Während US-Präsident Trump die Weltwirtschaft mit einer Zolloffensive beglückt, verkünden deutsche Industriebetriebe jeden Tag die Streichung tausender Arbeitsplätze. Was hilft? Einfach einen Tag mehr arbeiten, tönt es nun aus Ökonomenkreisen. 8,6 Milliarden Euro mehr würde dies der deutschen Volkswirtschaft bringen, meint Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.

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Es ist gut, dass sich die Kirchen gegen den Vorschlag wehren, dem zum Beispiel der freie Pfingstmontag zum Opfer fallen könnte. „Christliche Feiertage prägen die Kultur und Tradition unseres Landes und ermöglichen die gemeinschaftliche Religionsausübung zu zentralen religiösen Ereignissen“, argumentierte der Sprecher der deutschen Bischofskonferenz (DBK), Matthias Kopp, und warnte vor einem dauerhaften kulturellen und religiösen Verlust. Gerade angesichts schwindender Mitgliederzahlen – das Argument der gemeinschaftlichen Religionsausübung zu Pfingstmontag dürfte wohl nur die allerwenigsten Bundesbürger betreffen – ist es ein tröstliches Zeichen, dass die DBK sich noch traut, an dieser Stelle für die eigenen Gläubigen, die eigene Tradition einzustehen; sie ist es wert. Und selbst wenn es für die Meisten nur noch um gleichzeitig nutzbare Freizeit geht, tut auch noch dieser Minimalbestand an kollektiver Erfahrung einer sowieso immer individualisierteren Gesellschaft gut. Gegenargumente dürfen ruhig anderen Akteuren überlassen werden.

Aber auch aus wirtschaftlicher Perspektive wirkt der Ökonomen-Vorschlag wie Kosmetik. Klar, die Deutschen arbeiten im internationalen Vergleich eher wenig. Na und? Auch das ist letztlich eine kulturell bedingte Vorliebe, die durchaus respektiert werden darf. Das Grundproblem bestand in den letzten Jahren in der stagnierenden Produktivität, viel weniger im Arbeitsangebot. Die Produktivität aber sollte die Politik lieber über Strukturreformen anpacken. Weniger Bürokratie, Zugang zu Risikokapital, eine intelligentere Energiepolitik – es gibt so vieles, was stattdessen getan werden sollte. Die Auswirkungen mangelnden Reformeifers nun durch den Ausverkauf der Restbestände religiöser Prägung zu kaschieren, das ist die letzte Idee, die Deutschland braucht.

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