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China: Klappt Wandel durch Handel?

Olaf Scholz fordert auf seiner China-Reise offene Märkte und fairen Handel. Findet der Kanzler Gehör?
Kanzler Scholz in China
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Der Kanzler in Peking: Olaf Scholz auf dem Weg zu seinem letzten Pressestatement bei der Reise.

Ola Källenius, der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz, war dabei, Oliver Zipse, Chef von BMW, auch sowie zahlreiche andere Top-Manager wichtiger deutscher Konzerne: Das zeigt die Bedeutung der China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz. Es ging vor allem um Wirtschaft. Begleitet von der Wirtschaftsdelegation, Verkehrsminister Volker Wissing, Umweltministerin Steffie Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir besuchte besuchte Scholz deutsche Unternehmen und Produktionsstätten in den Metropolen Chongqing und Shanghai und suchte das Gespräch mit der chinesischen Führung, unter anderem in Form von Staatspräsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Qiang, aber auch mit Studierenden sowie Vertretern aus Kunst und Gesellschaft.

Laut dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung war es das erklärte Ziel der Reise, im Austausch mit China zu bleiben und die drei großen Themenblöcken Wirtschaft und Handel, Schutz globaler Güter – mit Blick auf Nachhaltigkeit zur Bekämpfung des Klimawandels – sowie geopolitische Herausforderungen zu adressieren. Wirtschaftspolitisch gesehen stand die Werbung für offene Märkte und fairen Handel im Fokus. So pochte der Bundeskanzler beispielsweise auf gleiche Wettbewerbsbedingungen für Autohersteller. Während Olaf Scholz sich beim Besuch in der Tongji-Universität in Shanghai für offene Automärkte in Europa auch für chinesische Fahrzeuge ausgesprochen hat, forderte er zugleich: „Das Einzige, was immer klar sein muss, ist, dass der Wettbewerb fair sein muss.“ Es dürfe kein Dumping geben, keine Überproduktion und keine Beeinträchtigung von Urheberrechten. Ebenso sei wichtig, dass Unternehmen in China ohne bürokratische Hürden Produktionsstätten errichten dürften. Olaf Scholz kämpft laut eigener Aussage für eine Position selbstbewusster Wettbewerbsfähigkeit ohne protektionistische Motive.

Deutsche Autoindustrie fürchtet Strafzölle

Denn wie groß in Europa die Sorge vor einer Übermacht chinesischer Autobauer ist, zeigt die Vorbereitung von Strafzöllen für E-Autos aus dem Reich der Mitte im Rahmen einer sogenannten Antisubventionsuntersuchung. Die Industrie ist dagegen: Die Chefs der großen Autobauer lehnen Strafzölle aufgrund der riesigen Bedeutung des Absatzmarktes in Chinas genauso ab wie der Verband der Automobilindustrie VDA. „Das aktuelle Geschäft mit China sichert hier in Deutschland eine große Zahl von Arbeitsplätzen“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Forscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gehen auch davon aus, dass Peking mit Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Vorprodukte reagieren könnte, beispielsweise Seltene Erden, die Europas Industrie sonst kaum beziehen kann. Die grüne Transformation stand für Olaf Scholz ebenso im Fokus. Er betonte in einem Statement „natürlich all das, was mit den notwendigen ökologischen Transformationen und den Investitionen verbunden ist, die für eine gute Zukunft für unseren Planeten unverzichtbar sind, damit Wirtschaften so stattfinden kann, dass Wohlstand wachsen kann und gleichzeitig die Umwelt dadurch nicht beeinträchtigt wird“.

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Das Feedback von Beobachtern aus der Wirtschaft ist grundsätzlich gut. Maximilian Butek von der Auslandshandelskammer beispielsweise zeigte sich gegenüber der ARD zufrieden mit dem Bekenntnis des Kanzlers zu fairen und offenen Märkten. Das sei ein wichtiges Signal für die deutschen Firmen in China. Aber geht das Konzept „Wandel durch Handel“, um durch internationalen Handel und wirtschaftliche Integration politische und soziale Veränderungen zu erreichen, tatsächlich auf? Die Idee dahinter ist einfach: Länder, die viel Handel miteinander treiben, werden die daraus resultierenden Gewinne und Arbeitsplätze nicht durch einen Krieg gefährden, Wohlstand und gegenseitige Abhängigkeit sollen Aggressionen vermindern.

Überwachung und Unterdrückung sind geblieben

Bei China ist dieses Konzept offensichtlich nicht aufgegangen. Das chinesische Regime fällt durch die Überwachung der eigenen Bevölkerung auf, die Unterdrückung von Minderheiten wie Uiguren, die dauerhafte Besetzung Tibets – und nicht zuletzt dadurch, dass das Land der wichtigste Handelspartner Russlands ist. Seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine hat sich das Handelsvolumen beider Seiten verdoppelt, und China unterstützt Russland diplomatisch und laut Medienberichten mit Militärhilfe, also mit Bauteilen für Gewehre und Panzer, Raketentreibstoff und Satellitenbildern.

Im Gespräch mit Staatspräsident Xi Jinping hat Olaf Scholz den Krieg deutlich angesprochen: „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa. Sie beeinträchtigen unsere Kerninteressen unmittelbar.“ Er wolle daher darüber diskutieren, wie man mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen könne. Xi Jinping wiederum sieht allgemein „eine neue Epoche der Turbulenzen und Umbrüche Die Risiken, vor denen die ganze Menschheit steht, nehmen zu. Um diese Fragen zu lösen, ist es unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt.“ Ob die Worte von Scholz die Wirtschafts- und Militärmacht China also wirklich beeindrucken, bleibt nun abzuwarten.

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