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Festtag der heiligen Rita in Cascia

Zum Festtag der heiligen Rita wird es dieses Jahr im italienischen Cascia keine großen Feierlichkeiten geben.
Statua santa Rita da Cascia
Foto: (119131473) | Cascia wird jedes Jahr von etwa einer Million Pilgern besucht. Viele davon pilgern hierher, um vor dem unverwesten Körper der Heiligen zu beten oder sie in verzweifelten Anliegen um Hilfe zu bitten.

Nach dem Festtag der heiligen Rita – am 22. Mai – in Cascia befragt, bringt Augustinerpater Bernardino Pinciaroli es gleich auf den Punkt: „Dieses Jahr wird wegen der Coronavirus-Pandemie alles ganz anders sein. Wir planen die Feier einer heiligen Messe, die vom Fernsehsender ,TV 2000‘ übertragen wird. Mehr kann ich noch nicht sagen.“ Die bedrückende Situation ist dem Rektor der „Basilica di Santa Rita da Cascia“ anzumerken, und so hofft und betet er, dass die Festfreude früherer Zeiten möglichst bald wieder zurückkehren kann. Dem Verfasser bleibt statt einer anvisierten Reise, mittels früherer Aufzeichnungen, zumindest der Rückblick auf eine Begegnung im Vorjahr.

Das grüne Herz Italiens

Nach stundenlanger Bahnfahrt war der Bahnhof Roma Termini endlich erreicht. Während Durchsagen in Italienisch über die Gleise hallten, blieb noch Zeit, um sich bei zwei Tassen Cappuccino auf die nächste Reiseetappe einzustellen: zunächst mit dem Zug – etwa eine Stunde – bis Terni und von dort noch eineinhalb Stunden mit dem Bus.

Unterwegs bot es sich zur Einstimmung an, eine Landkarte aufzuschlagen und die unter anderem von Hügellandschaften geprägte Zielregion ins Auge zu fassen: Umbrien – zwischen der Toskana, Latium und den Marken gelegen – das „grüne Herz Italiens“. Beim Entziffern von Städtenamen im Umkreis von Cascia wird schnell deutlich, wieviel wir dieser Region zu verdanken haben: So liegt ungefähr auf halber Strecke zwischen Terni und Cascia Spoleto, eine reizvolle Kleinstadt, in der einst der heilige Gabriel Possenti lebte. In nördlicher Richtung erinnert Foligno an die Heilige und Mystikerin Angela von Foligno (13./14. Jhd.). Wie an einer Perlenkette aufgereiht, folgt – oberhalb von Foligno – Assisi, Heimatstadt von gleich zwei großen Heiligen, Franziskus und Klara. Von Cascia aus, in nordöstlicher Richtung gelegen, lässt sich „Norcia“ entdecken, eine kleine Gemeinde, die allein schon wegen der „Basilika San Benedetto“ einen Besuch wert ist.

Gebet, Liebe und Gehorsam

In Cascia angekommen, stand eine Begegnung mit Bernardino Pinciaroli auf dem Programm. Er nahm sich Zeit und erwies sich als erfrischend unkompliziert. Auf die Frau angesprochen, nach der die Basilika benannt ist, holte er weit aus: 1381 in Roccaporena, einem Ortsteil von Cascia geboren, lebte Rita in einem kleinen Landstrich des Umbrischen Apennins: Als Braut und Mutter, dann als Witwe; wegen des frühen Todes ihrer Söhne, als Alleinstehende und schließlich für vier Jahrzehnte als Augustinerin im Kloster „Santa Maria Maddalena“. Dort führte sie ein Leben, das durch Gebet, Liebe zu ihren Mitschwestern und all das Gute, das sie für arme Familien von Cascia tat, charakterisiert war. Sie zeichnete sich unter anderem durch Gehorsam aus. In diesem Zusammenhang wird gerne an das Wunder eines blühenden – zuvor vertrockneten – Weinstocks erinnert, der heute noch zu sehen ist.

Mystisches Erlebnis

Fünfzehn Jahre ihres Lebens verbrachte sie in intensiver Liebe zu Jesus Christus, der ihrer Stirn – in einem mystischen Erlebnis, das für sie mit einem sehr heftigen Schmerz und vorübergehendem Verlust des Bewusstseins verbunden war – ein Stigma, eine tiefe und sie demütigende Wunde einprägte, die sie bis zu ihrem Tod am 22. Mai 1457 trug. Der Pater, der vor über 47 Jahren zum Priester geweiht wurde und für seine umgänglich–menschenfreundliche Art bekannt ist, besann sich eine Weile. Dann nahm er, von neuem Elan erfüllt, seinen Gesprächsfaden wieder auf: Obgleich seit jener Nacht, in der die heilige Rita starb, inzwischen mehr als fünf Jahrhunderte vergangen sind, ist ihre Botschaft an Frauen und Männer jeden Alters und jeder sozialen oder geografischen Herkunft weiter aktuell.

Eine Million Pilger im Jahr

Cascia wird jedes Jahr von etwa einer Million Pilgern aus den verschiedensten Teilen der Welt besucht. Viele davon pilgern hierher, um vor dem unverwesten Körper der Heiligen zu beten oder sie, die Patronin für aussichtslose Fälle, in verzweifelten Anliegen um Hilfe zu bitten. Besonders am 22. Mai ist in den kleinen Straßen der Ortschaft eine Atmosphäre zu spüren, wie sie in jener fernen Nacht im Jahr 1457 wohl ähnlich gewesen sein muss.

Mit der Zeit haben sich für das Fest der heiligen Rita, das hauptsächlich in der neuen „Basilica di Santa Rita da Cascia“ begangen wird, traditionelle Formen herausgebildet. Die Feierlichkeiten beginnen neun Tage vor dem großen Festtag mit einer an „Santa Rita“ gerichteten Novene, an der Pfarrgemeinden aus der Nähe teilnehmen.

Fackelzug durch Cascia

Am 20. Mai, an einem Abend, an dem es sehr emotional zugehen kann, werden Erlebnisse von drei Frauen thematisiert, die schwierige Zeiten und Situationen ihres Lebens in einer Weise durchgestanden haben, die an die heilige Rita erinnern. Von der Augustinerfamilie von Cascia wie auch von der Gemeindeverwaltung wird ihnen deshalb eine besondere Auszeichnung verliehen: Der „Premio internazionale Santa Rita“.

Am 21. Mai lebt in Cascia durch einen Fackelzug, der von der „Piazza di Cascia“ ausgeht, bis er den Kirchplatz der neuen Basilika erreicht, wieder die Atmosphäre jener Nacht auf, in der die Heilige starb. Es wird daran erinnert, wie Einwohner des Dorfes und umliegender Gegenden sich mit Fackeln in der Hand auf den Weg machten, um sich von ihrer außergewöhnlichen Mitbürgerin zu verabschieden.

An diesem Tag wird seit 61 Jahren zwischen Cascia und einer anderen Stadt eine Städtepartnerschaft des Friedens und des Glaubens gefeiert. Dabei bringen die Kommunalverwaltung, die Klosterschwestern und Augustinermönche mit dem Symbol der Fackel zum Ausdruck, dass sie mit der jeweils auserwählten Stadt freundschaftliche Beziehungen unterhalten wollen.

„Santa Rita, prega per noi!“

Der Augustinerpater warf einen Blick auf die Uhr und war erleichtert, denn noch blieb ihm etwas Zeit zum Erzählen. Am 22. Mai, dem großen Festtag, startet am frühen Morgen ein Festzug von Roccaporena, der in einer Prozession Cascia erreicht. Dort schließt er sich einem historischen Festumzug an, der Umzüge aus dem 15. Jahrhundert Cascias zum Vorbild hat. Dabei wird mit Persönlichkeiten, die die für die damalige Zeit typische Kleidung tragen, das Leben der heiligen Rita dargestellt. Hierzu drängt sich auf den Wegen der kleinen Ortschaft eine große Menschenmenge zusammen und ehrt „Santa Rita“ mit dem Wurf von Rosen. Das Fest erreicht mit der Eucharistiefeier, die – in Gegenwart anderer Priester, von Augustinerschwestern und Gläubigen aus aller Welt – von einem Kardinal geleitet wird, seinen Höhepunkt. Dann schließlich rief den leutseligen Gottesmann die Pflicht.

Bei einem erneuten Kontakt mit Pater Pinciaroli wird deutlich, dass er von seiner zupackenden Art und Glaubensstärke nichts verloren hat. Dies stimmt doch zuversichtlich und kommt in einem Stoßgebet zum Ausdruck: „Santa Rita, prega per noi! Heilige Rita, bitte für uns!“

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