Mitte Juni schockierten mehrere Wissenschaftlerteams die Welt mit der Nachricht, es sei ihnen gelungen, im Labor Zellverbände zu erschaffen, die menschlichen Embryonen ähnelten. In der „Tagespost“ wurden die Experimente ebenso rasch wie zutreffend als eine „neue Variante des Klonens“ identifiziert. An die Bekanntgabe der Ergebnisse, welche die Forscher zunächst unbegutachtet als „Preprint“ publizierten, schloss sich eine Debatte um die korrekte Bezeichnung der von einigen Forschern als „synthetische Embryomodelle“ klassifizierten Zellverbände an.
Rechtliche Gleichstellung
Mitte August haben fünf Wissenschaftler um den Zell- und Entwicklungsbiologen Nicolas Rivron vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien in der Fachzeitschrift „Cell“ einen vielbeachteten Vorschlag für eine Neudefinition des Begriffs „Embryo“ gemacht. Dabei geht es den Autoren erklärtermaßen um die Beantwortung der Frage, ab welchem Entwicklungsschritt solche nun als Embryomodelle bezeichneten Zellverbände den durch Verschmelzung von Ei- und Samenzelle gezeugten Embryonen rechtlich gleichgestellt werden sollten.
Vorsicht Falle
In der Jubiläumsausgabe der „Tagespost“ analysiert der Bioethik-Experte und „Tagespost“-Korrespondent Stefan Rehder den Vorschlag für das Ressort „Glaube & Wissen“. Dabei zeigt der Autor, dass die von Rivron et al. vorgeschlagene Definition zwar Zellverbänden, die es in Zukunft geben könnte, einen rechtlichen Schutz ermöglichen würde, den sie gegenwärtig nicht besitzen. Zugleich würde die Definition jedoch hunderttausende Embryonen, die bereits existieren, eben genau dieses Schutzes berauben. DT/reh
Was der Autor stattdessen vorschlägt, lesen sie in der an diesem Donnerstag, pünktlich zum 75-jährigen Jubiläum der „Tagespost“ erscheinenden Ausgabe.