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Neustadt für die Abtei Mariawald in der Eifel

Abtei Mariawald in der Eifel: Neustart im alten Trappistenkloster.
Abtei Mariawald, Blick auf die Klosterkirche
Foto: Drouve | Sieht man von der Umgestaltung ab, bliebe grundsätzlich Platz für eine Ordensgemeinschaft: Abtei Mariawald, Blick auf die Klosterkirche.

Klausur – kein Zutritt“ steht noch immer auf einem Schild im Kloster. Noch immer liegen Blechteller, Löffel und fein gefaltete Servietten auf den Holztischen im Refektorium. Noch immer hängen Kutten, Arbeitskittel und sogar ein Paar Schuhe im alten Umkleideraum, ganz so, als würden ihre Besitzer gleich zurückkommen. Doch für die Trappisten gibt es keine Rückkehr. 2018 löste sich die überalterte, bis auf wenige Mönche geschrumpfte Gemeinschaft der Abtei Mariawald auf. Es war das letzte Trappistenkloster in Deutschland, in der Eifel zwischen den Städtchen Heimbach und Gemünd gelegen. Geblieben sind Bilder einer erstarrten Zeit, die lebendig weitergeführte Klostergaststätte, der Klosterladen mit Fleisch- und Käseprodukten, die Likörfabrik mit der Abfüllung der traditionellen Abteitropfen – und die Hoffnung auf eine Neunutzung des Klosters, die in Zukunft durch Investorengelder konkrete Züge annehmen wird. Im Gespräch mit unserer Zeitung verraten Ralph Mauel und Christoph Böhnke von der „Kloster Mariawald GmbH & Co. KG“ die anstehenden Pläne; Mauel ist Betriebsleiter, Böhnke Prokurist.

Facelifting ab Herbst oder Winter

Das große Facelifting der Abtei Mariawald wird voraussichtlich „ab dem nächsten Herbst oder Winter“ einsetzen, so Mauel, und mit der „Modernisierung der Gastronomie“ beginnen. Geplant ist unter anderem der Bau einer Bierbrauanlage, auf deren Sudkessel die Gäste blicken können. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit ist bereits zu Jahresbeginn das Starkbier „Nemus Mariae“ auf den Markt gespült worden – ein weltliches Produkt, das auf den Ruf der Abtei setzt. Gebraut wird vorläufig in Gemünd, doch auf dem Etikett steht bereits „Klosterbrauerei Mariawald“ – und genau dort soll es künftig vor Ort entstehen. Die Umbauten der Klostergaststätte werden nicht zu einer Schließung führen. „Es wird jeden Tag Erbsensuppe geben“, stellt Prokurist Böhnke klar und die deftige Spezialität heraus, die bei Ausflüglern seit Jahrzehnten beliebt ist.

Lange, wechselvolle Geschichte

Nach dem ambitionierten Gastro-Projekt steht im Laufe 2023 die allmähliche Umwandlung des Herzstücks der Anlage an, des eigentlichen Klosters also, das auf eine lange, wechselvolle Geschichte zurückblickt. Der Aushang in einer Vitrine auf dem Kirchenvorplatz stellt die wichtigsten Daten und Ereignisse heraus. Alles begann im Spätmittelalter, als um 1470 der Heimbacher Strohdachdecker Henrich Fluitter in Köln ein Gnadenbild erwarb und im Eifeler Höhenzug Kermeter an einer Wegkreuzung in einer Hütte zur Verehrung aufstellte. Jahre später folgte der Bau einer hölzernen Kapelle, die den Zisterziensern von Bottenbroich als Schenkung vermacht wurde.

Die Mönche verpflichteten sich, die Betreuung der Pilger zu übernehmen und ein Kloster zu errichten. 1486 kam es zur Gründung des Klosters Nemus Mariae, „Wald Mariens“, und 1511 zur Weihe der Klosterkirche. Mariawald stieg zu einem bekannten Wallfahrtsziel zur Schmerzensmutter auf; der Altar mit dem Schmerzensbild füllte sich mit zahlreichen Votivgaben. Tragisch war der Einschnitt 1795, als die französische Revolutionsregierung das Kloster aufhob. Die Mönche zogen zwangsweise ab, die Gebäude verfielen. Zum Glück konnten der Schnitzaltar und das Gnadenbild durch die Überführung in die Pfarrkirche von Heimbach gerettet werden.

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Auf Betreiben des Abts der Trappistenabtei Oelenberg im Elsass folgte 1861 der Neubeginn des klösterlichen Lebens. Nach einer Aufhebung des Klosters im Kulturkampf 1875 kehrten die Mönche 1887 zurück. 1909 wurde Mariawald zur Abtei erhoben. Unter nationalsozialistischer Herrschaft folgte 1941 die abermalige Auflösung, doch die Mönche kehrten Ende des Zweiten Weltkriegs aufs Neue wieder und begannen den Neuaufbau. Nicht aufzuhalten war der Rückgang der Berufungen und das Ende des Trappistenklosters 2018. Nun richtet sich der Blick in die Zukunft.

Tagungs- und Seminarhaus

Das Konzept des künftigen Umbaus sieht ein Tagungs- und Seminarhaus vor, dem ein Gästehaus angeschlossen sein wird. Ob dies aus 50 oder sogar 70 Zimmern bestehen wird, ist ungewiss. Die bestehende Substanz gibt Mut zu Optimismus, birgt aber auch Unwägbarkeiten. „Wer weiß, was man entdeckt, wenn man ein Stück Putz von der Wand haut“, so Betriebsleiter Mauel. Bei den Planungen steht obenan, das Kulturgut und die spirituelle Kraft des Ortes zu erhalten. „In jeder Ecke des Hauses spürt man, dass hier über lange Zeit eine Ordensgemeinschaft gelebt hat“, reflektiert Mauel und setzt hinzu: „Diese Aura muss bleiben. Außerdem ist Mariawald ein Ort der Stille.“ Hinzugefügt sei: Falls auf der nahen Landstraße nicht gerade Motorradfahrer durch die Eifel donnern …

Sieht man davon ab, dass die schlicht gehaltene Klosterkirche wie gewohnt jedermann offen steht, werden Seminar- und Übernachtungsgäste durch die beiden Kreuzgänge streifen, sich im historischen Kapitelsaal einfinden und in die Krypta mit ihren Altären und kalkweißen Gewölben hinabgehen können. „Dort kann sich der Gast auch mal auf eine Bank setzen“, blickt Mauel beim Rundgang voraus. Doch bis es soweit ist, steht das Großreinemachen an. Die zwei Weinflaschen, die die Trappisten in einer Nische des Kryptabereichs samt einer Dose Raumduftspray hinterlassen haben, sind rasch entfernt. Und dass vielfach anderweitige Altlasten lagern – von Bettgestellen über Matratzen bis hin zu Plumeaus und vergilbten Zeitschriften –, fällt kaum ins Gewicht. Komplizierter wird es bei der konzeptionellen Gestaltung der Zimmertrakte.

Die Mönche lebten spartanisch. Ein Raum mit einem Bett, einem Schrank, einem Tisch, einem Stuhl, einem Waschbecken in der Ecke – das war‘s. Bei den Umbaumaßnahmen wird es ein Spagat sein, das alte Ambiente zu erhalten und das Neue der Höhe der Zeit anzupassen. Den Machern ist klar, dass die Gäste der Zukunft ebenso ein modernes Privatbad erwarten wie standardmäßiges WLAN. Ob Fernseher in die Zimmer kommen, ist noch keine beschlossene Sache, aber wahrscheinlich. Ebenso klar ist, dass in unserer Hochstressgesellschaft die Sehnsucht nach Entschleunigung und die Nachfrage nach kontemplativen Orten steigt. Mariawald könnte dahingehend ein neues Stück Geschichte schreiben, wenngleich nicht mehr mit Trappisten. Es könne vielleicht mehr regelmäßige Messen geben, orakelt Prokurist Böhnke.

„Heiß auf Mariawald“

Sieht man von der Umgestaltung ab, bliebe grundsätzlich Platz für eine Ordensgemeinschaft. „Wir hoffen deshalb auf eine erneute Besiedlung des Klosters durch eine stabile christliche Gemeinschaft“, heißt es auf der Homepage. Laut Betriebsleiter Mauel ist es ein weiterer Wunsch, eine Art Museumsbereich zu schaffen, der das Leben der Trappisten thematisiert. Hinein würden gewiss die aufgehängten Ordenstrachten aus dem Umkleideraum wandern, wo der Muff der Jahre steht.

Frischen Wind in die alten Gemäuer sollen im künftigen Seminar- und Tagungshaus spirituell angeleitete Angebote bringen. Auch Waldbaden, Yoga und Meditation seien denkbar, so Böhnke, der weiß: „Ich kenne Leute, die sind jetzt schon heiß auf Mariawald.“

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