Der kanadische Philosoph Charles Taylor erhält am Samstag im Vatikan den Joseph-Ratzinger-Preis. Taylor wird für seine Studien zur Religionsphilosophie und säkularen Gesellschaft sowie für seine Untersuchungen zur Moralphilosophie und zum Multikulturalismus geehrt.
Säkularisierung beruht auf unreflektierten Bedingungen der Neuzeit
Besondere Resonanz hatte Taylor international mit seinem umfangreichen Buch „Ein säkulares Zeitalter“, in dem er die Quellen der Neuzeit hinterfragte und deutlich machte, dass die Säkularisierung auf den unreflektierten Bedingungen der Neuzeit beruht. Die nach Taylor verkehrte Weltsicht hat nach dem Mittelalter dazu geführt, dass das Christentum nur noch als eine Option unter vielen angesehen wird.
Der kanadische Philosoph „möchte die These vertreten, dass das Aufkommen des neuzeitlichen Säkularismus, so wie ich ihn verstehe, mit der Entwicklung der Gesellschaft zusammenfällt, in der ein völlig selbstgenügsamer Humanismus zum ersten mal in der Geschichte zu einer in vielen Kreisen wählbaren Option wird.“ Er spricht von einem „ausgrenzenden Humanismus“, der mit dem Säkularismus zusammenfalle – ausgegrenzt wird dabei der Glaube der Kirche.
Taylor: Laizisierung statt Säkularisierung
Gegenüber der Säkularisierung befürwortet Taylor die Laizisierung, bei der der Staat die Religion nicht zurückdränge wie in der Säkularisierung. In diesem Kontext verfolgt Taylor das Ziel einer katholischen Moderne.
Der mit 50.000 Euro dotierte Joseph-Ratzinger-Preis wird seit 2011 für besondere wissenschaftlich-theologische Leistungen im Kontext des Gegenwartsdiskurses vergeben. Im vergangenen Jahr wurden die deutsche Theologin Marianne Schlosser und der Schweizer Architekt Mario Botta geehrt.
DT/ari
Mehr zu den Untersuchungen von Charles Taylor zur Säkularisation erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.