In Slowenien hat die Humanität einen Sieg errungen. Am gestrigen Christkönig-Sonntag waren die Slowenen aufgerufen, sich zu einem Gesetz zu äußern, welches das Parlament in Ljubljana im Juli verabschiedet hatte und das todkranken Patienten einen gesetzlichen Anspruch auf einen assistierten Suizid einräumt, wenn sie ihr Leiden als „unerträglich“ empfinden und eine Besserung ihres Zustandes nicht in Sicht ist. 53 Prozent lehnten das Gesetz ab, 47 Prozent stimmten dafür. Die Stimmbeteiligung lag bei 41 Prozent. Damit ist das Gesetz vorerst gekippt. Laut der Verfassung kann das slowenische Parlament jetzt frühestens in einem Jahr erneut über ein Gesetz zur Suizidhilfe abstimmen.
Der Ausgang des Referendums lehrt vor allem zweierlei. Erstens: dass sich der zivilgesellschaftliche Widerstand gegen eine einfallslose und inhumane Politik durchaus lohnt und nicht von vornherein als vergeblich betrachtet werden darf. Und zweitens: dass Kirchen und Religionsgemeinschaften auch im „säkularen Zeitalter“ (Charles Taylor) mit ihren Botschaften durchaus gehört werden, wenn sie geeint ein gemeinsames Anliegen vertreten.
Der Firnis der Zivilisation ist dünn geworden
Selbstverständlich bedeutet der Ausgang des Referendums nicht das Ende der Debatte um den assistierten Suizid und die Euthanasie. Weder in Slowenien noch sonst irgendwo auf der Welt. In Deutschland haben die Reaktionen auf den tragischen Doppelsuizid der Kessler-Zwillinge gerade erneut gezeigt, wie dünn der Firnis der Zivilisation längst auch bei uns geworden ist.
Was jetzt Not tut, ist auch hier ein Aufbäumen aller, die sich nicht mit einem Gesundheitssystem abfinden wollen, in dem Lifestyle- und Wunschmedizin alle möglichen Blüten treiben, sich aber zunehmend entsolidarisiert, wo es um die professionelle und empathische Begleitung von Schwerkranken und Sterbenden geht.
„Die Menschen sterben, wie sie gelebt haben“, weiß der Volksmund. Sollte er Recht haben, dann zeigt der anhaltende Vormarsch, auf dem sich Suizidhilfe und Euthanasie seit gut zwei Jahrzehnten in vielen Gemeinwesen befinden, dass Staat und Gesellschaft sehr viel mehr neu überdenken müssen als „nur“ ihren Umgang mit Sterben und Tod. Eine Großbaustelle für die Kirchen, die sich mit ihrer Expertise vom „guten Leben“ und „guten Sterben“ hier erfolgreich einbringen könnten, statt sich erfolglos mit sich selbst zu beschäftigen.
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