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Wider die Unterdrückung der Kreativität

"Cancel Culture" greift um sich. Der Schauspieler John Cleese will sich in einer Fernsehsendung mit dem Thema befassen. Eine Gesellschaft darf nicht nach Empfindlichkeiten ausgerichtet werden.
John Cleese
Foto: Jörg Carstensen (dpa) | Der Schauspieler John Cleese, Mitbegründer von „Monty Python“, will sich in einer Fernsehserie mit der „Cancel Culture“ befassen.

Die „Löschkultur“ breitet sich seit einiger Zeit insbesondere an den Universitäten und in den Medien aus. Aber langsam regt sich Widerstand gegen die „Cancel Culture“. So hat laut der Zeitung „The Guardian“ der bekannte Schauspieler und Mitbegründer der legendären britischen Comedy-Gruppe „Monty Python“ angekündigt, zu diesem Thema für den britischen Sender Channel 4 eine Dokumentar-Fernsehserie mit dem Titel „John Cleese: Cancel Me“ zu drehen. Sie soll untersuchen, „warum eine neue ‚woke’ Generation versucht, die Regeln dafür neu zu schreiben, was gesagt werden darf, und was nicht“, zitiert ihn die britische Zeitung.

Wir versuchen, nett zu sein

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In einer Erklärung sagte Cleese: „Ich freue mich sehr, die Möglichkeit zu haben, vor der Kamera alle Aspekte der so genannten politischen Korrektheit kennenzulernen. Es gibt so vieles, was ich wirklich nicht verstehe, zum Beispiel, wie die tadellose Idee des ‚Lasst uns alle nett zu den Menschen sein’ in einigen Fällen ad absurdum geführt wurde.“ Dazu zitiert „The Guardian“ ein im September 2020 in der Sendung „Today“ von BBC Radio 4 ausgestrahltes Interview mit dem Schauspieler: Die politische Korrektheit sei „ursprünglich eine gute Idee“ gewesen: „Lasst uns nicht gemein zu den Menschen sein“. Cleese weiter: „Ich bin trotz meines Alters dafür. Die Hauptsache ist, dass wir versuchen, nett zu sein.

Aber das wird dann zu einer Art Nachsicht mit den überempfindlichsten Menschen in unserer Kultur, den Menschen, die sich am leichtesten aus der Fassung bringen lassen ... Ich glaube nicht, dass wir eine Gesellschaft nach den Empfindlichkeiten der Menschen organisieren sollten, die sich am leichtesten aus der Fassung bringen lassen, weil wir dann eine sehr neurotische Gesellschaft haben. Wenn man ständig darüber nachdenken muss, welche Worte man verwenden kann und welche nicht, dann wird die Kreativität unterdrückt.“

Gelöschte Menschen 

Der heute 81-Jährige wird Opfer der sogenannten „Cancel Culture“ treffen – Personen, die behaupten, wegen ihrer Handlungen oder Meinungen „gelöscht“, öffentlich abgestraft oder gar ihrer beruflichen Existenz beraubt worden zu sein. Der britischen Zeitung zufolge möchte Cleese den verschiedenen Argumenten nachgehen, „damit sich die Menschen klarer darüber werden können, womit sie einverstanden sind, womit sie nicht einverstanden sind und worüber sie sich noch nicht im Klaren sind.“ Dafür wolle er auch „Aktivisten“ interviewen, die „den Widerstand gegen verschiedene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angeführt haben“.

John Cleese hat die Folgen der „Löschkultur“ selbst erlebt: Eine Folge der Siebziger-Jahre-Serie „Fawlty Towers“ mit dem Titel „The Germans“ wurde im Jahr 2020 von einem Streaming-Dienst der britischen BBC vorübergehend aus dem Angebot entfernt – wegen „rassistischer Beleidigungen“, wie es damals hieß. Denn darin äußert sich ein „Major Gowen“ in diskriminierender Art und Weise über das Cricket-Team der Westindischen Inseln. Die Folge wurde zwar später mit einer Warnung vor Inhalt und Sprache wieder auf die Plattform gestellt. Aber dies hat dazu geführt, dass sich Cleese bereits zur „Löschkultur“ in dem Sinne geäußert hat, dass er sich Sorgen über deren Auswirkungen auf die Kreativität mache.

Lob und Kritik

In „indy100“, der Schwesterzeitung der britischen „The Independent“, die seit 2016 nur noch als Online-Zeitung erscheint, werden Reaktionen auf Cleeses Ankündigungen aus den Sozialen Netzwerken wiedergegeben. Das Online-Portal schreibt: „Die Ankündigung spaltete sofort die Meinungen auf Twitter. Einige lobten Cleese dafür; andere fragten sich, ob wir seinen Beitrag überhaupt brauchen.“ Fragt sich etwa ein Twitter-User, ob nicht Cleese jahrzehntelang alles sagen konnte, was er wollte, so wird aus anderen Kommentaren deutlich, dass sich Menschen auf die neue Dokumentar-Serie freuen. 

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