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„Squid Game“: Netflix feiert gewalttätigen Erfolg

Die brutale südkoreanische Serie „Squid Game“ lässt die Konkurrenz weit hinter sich.
Filmszene aus "Squid Game"
Foto: Netflix | Erfolg durch Gewaltdarstellung?: „Es gibt eine sehr realistische Chance, dass ,Squid Game‘ unsere erfolgreichste Serie aller Zeiten wird“, meint Netflix-Co-Chef Ted Sanaros mit Blick auf die Serie ...

Damit hat niemand gerechnet: Die südkoreanische Netflix-Serie „Squid Game“, die erst am 17. September dieses Jahres beim Streamingdienst Netflix angelaufen ist, ist auf dem besten Weg, die erfolgreichste Netflix-Serie überhaupt zu werden – und damit große Erfolge wie „Stranger Things“, „The Witcher“, „Bridgerton“, „Lupin“ und „Haus des Geldes“ nachhaltig in die Schranken zu weisen.

Innerhalb von nur vierzehn Tagen konnte sich die neunteilige Serie in über 90 Ländern an die Spitze der Netflix-internen Streaming-Charts kämpfen. Und nun scheint sogar ein Griff nach der Krone der erfolgreichsten Netflix-Serie überhaupt möglich, die bei Netflix derzeit noch die Jane-Austen-Verballhornung „Bridgerton“ trägt.

„Die Zeiten haben sich geändert, und die Leute haben mir gesagt,
dass es sie an Dinge erinnert, die in dieser harten Gesellschaft passieren“

„Es gibt eine sehr realistische Chance, dass ,Squid Game‘ unsere erfolgreichste Serie aller Zeiten wird“, sagte Netflix-Co-Chef Ted Sanaros kürzlich bei einer Online-Pressekonferenz des Streamingdienstes. Eine genaue Anzahl an Streams hat das Unternehmen zwar noch nicht veröffentlicht, da dies erst immer vier Wochen nach einer Premiere geschieht. Doch die spanische Netflix-Hitserie „Haus des Geldes“, bislang die erfolgreichste nicht-englischsprachige Serie des US-Streamers, dürfte „Squid Game“ laut Expertenmeinung bereits jetzt eingeholt haben – ob auch die 82 Millionen Streams von „Bridgerton“ überboten werden, wird sich Mitte Oktober zeigen.

„Squid Game“ (im Original: „Ojingeo Game“) wurde vom südkoreanischen Filmemacher Hwang Dong-hyuk („The Fortress“) erdacht und inszeniert. Im Zentrum der Geschichte steht der glückspielsüchtige und hochverschuldete Seong Gi-hun (Lee Jung-jae), der eine mysteriöse Einladung erhält, um in einer Game Show 45,6 Milliarden Won (rund 33 Millionen Euro) zu gewinnen. Nach seiner Zusage werden er und 455 andere Teilnehmer an einen geheimen Ort gebracht. Schwer bewaffnete Spielleiter lassen aus dem vermeintlichen Spaß schnell bitterbösen Ernst werden, denn alle Verlierer des ersten Spiels müssen sterben – und ein brutaler Kampf ums Überleben nimmt seinen Anfang.

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2009 galt das Serienkonzept noch als zu brutal

Die Spiele, die Seong und die anderen Kandidaten über sich ergehen lassen müssen, sind koreanischen Kinderspielen nachempfunden – die jedoch tödlich für die Teilnehmer enden können. Ähnlich wie bei „Die Tribute von Panem“, „Battle Royale“ oder dem 1980er-Jahre-Schwarzenegger-Actionhit „Running Man“ bedeutet zu überleben bei diesem modernen Gladiatorenkampf die oberste Maxime. Gezeigt wird dies in äußerst drastischen Gewaltdarstellungen, die man ebenso wie die bedrohliche Grundstimmung sonst nur aus Filmen kennt, die eher Kandidaten für den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien darstellen als Film- und Serienmaterial für ein Massenpublikum.

„Squid Game“-Macher Hwang Dong -hyuk hat in einem neuen Interview verraten, dass er die Idee zur Serie bereits im Jahr 2008 hatte und ein Jahr später einen ersten Entwurf dazu vorlegte. „Damals schien es sehr ungewohnt und gewalttätig zu sein. Es gab Leute, die dachten, es sei ein wenig zu komplex und nicht kommerziell“, erzählte er via „GMA News Online“. Ein Jahr lang versuchte er die Geschichte bei TV-Sendern unterzubringen, erst Jahre später griff Netflix zu. Der Grund? „Die Zeiten haben sich geändert, und die Leute haben mir gesagt, dass es sie an Dinge erinnert, die in dieser harten Gesellschaft passieren. Deshalb habe ich die Geschichte vor etwa zwei Jahren erweitert, und jetzt sind wir hier“, sagt Hwang Dong Hyuk.

Nacktheit und Gewalt als Marketingmittel

In der Tat: Seitdem HBO-Serien wie „Game of Thrones“ einen erhöhten Gewalt- und Nacktheitspegel unter Serienfans salonfähig gemacht und sich allgemeine Sehgewohnheiten soweit verschoben haben, dass mittlerweile selbst berüchtigte, langzeitindizierte Filme wie „Tanz der Teufel“, „Freitag der 13.“ oder auch die ersten beiden „Mad Max“-Filme mittlerweile in ihrer ungeschnittenen (!) Fassung ab 16 freigegeben sind, fällt eine Serie wie „Squid Game“ in der heutigen Serienlandschaft nicht weiter negativ auf. Erwachsene Popkulturfreunde dürfte diese Entwicklung sicherlich sehr freuen – Eltern, die sich um einen möglichst gewaltfreien Medienkonsum ihrer Kinder sorgen, vermutlich eher weniger.

Zur Erinnerung: Auch Serien wie „The Witcher“ und „Bridgerton“, die der südkoreanische Serienhit nun in die Schranken zu verweisen scheint, fielen bereits entweder durch Gewalt- oder häufige Nacktszenen, teilweise sogar durch beides, auf – und konnten unter anderem deswegen ihr großes Publikum erreichen. Warum beinahe kaum eine Serie ohne diese Elemente mehr auskommen kann, um erfolgreich zu sein, dürfte allerdings nicht nur veränderten Sehgewohnheiten, sondern in erster Linie wohl anderen, nämlich gesamtgesellschaftlichen Veränderungen geschuldet sein.

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