Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Der KI auf der Spur

KI: Nachgefragt ist halb gewonnen

Nicht jeder ist ein Technik-Nerd. Wenn andere schillernde Fachbegriffe im Munde führen, deren Sinn sich nicht erschließt, sollten wir kritisch nachfragen.
Auch Experten haben immer wieder neue Fragen zu KI. Wichtig, so Kolumnist Thomas Rusche, ist es, auch als blutiger Anfänger Fragen zu stellen.
Foto: via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Auch Experten haben immer wieder neue Fragen zu KI. Wichtig, so Kolumnist Thomas Rusche, ist es, auch als blutiger Anfänger Fragen zu stellen.

Noch nie hat eine Technologie die ganze Welt verändert. Nun ist es so weit: Künstliche Intelligenz revolutioniert unser Leben in allen Bereichen, weltweit, 24/7. Und der Veränderungsprozess verläuft so dynamisch, dass selbst Experten den Überblick verlieren. Was tun? Wir sollten KI auf der Spur bleiben und es nicht einigen wenigen Profiteuren im Silicon Valley überlassen, wie unsere Welt von morgen aussieht. Treten wir in einen Dialog mit der Zukunft, nicht indem wir in eine Glaskugel schauen, sondern uns Wissen verschaffen über den heutigen Stand der Technik. Was gibt es bereits? Was steht kurz vor der Marktreife? Und was steckt in der Entwicklungspipeline? Es bedarf keiner Science-Fiction-Kenntnisse, um plausible Zukunftsszenarien zu erstellen, die aufzeigen, wohin eine digitale Transformation unserer Weltgesellschaft führen könnte.

Schritt für Schritt präziser werden 

Was wir dazu jedoch benötigen, ist eine gehörige Portion digitaler Bildung, die vielen von uns nicht in die Wiege gelegt wurde. Wer ist schon als Nerd groß geworden und kennt das ABC der KI aus dem Effeff? Selbst Experten geht es nicht besser; sie streiten darüber, was an KI überhaupt „künstlich“ und was „intelligent“ ist. Deshalb sollten wir immer kritisch nachfragen, wenn Andere schillernde Fachbegriffe wie selbstverständlich im Munde führen, deren Sinn sich uns nicht zu erschließen vermag. Wenn wir dadurch Schritt für Schritt zu einem präzisen Begriffsinstrumentarium gelangen, wird es leichter fallen, konzeptionelle Fragen rund um KI zu verstehen und zu beurteilen. 

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Und diese Fragen haben es in sich. Denken wir an unseren Wohlstand, den wir ohne KI weder halten noch mehren können. Wie wird dieser Wohlstand verteilt, wenn wenige Digitalmonopolisten immer mehr Unternehmen vom Markt verdrängen? Oftmals übersteigen Cashflow und Computingpower dieser Giganten die ökonomische und technologische Leistungskraft ganzer Staaten. 

Mit ihren schier unbegrenzten Möglichkeiten entwerfen KI-Milliardäre Zukunftspläne für eine Welt von morgen, in der nichts mehr ohne sie funktioniert. Trotz zahlreicher staatlicher Regulierungsversuche gelingt es nicht, das Vormachtstreben der Hightech-Pioniere einzuhegen; zu dynamisch ist die technologische Entwicklung und  zu langsam die Gesetzgebung. Diese Regelungslücke unserer marktwirtschaftlichen Rahmenordnung wissen demokratisch nicht legitimierte Entscheidungsträger der KI-Industrie zu nutzen und mehren unaufhaltsam ihre Macht in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Entscheider in Wirtschaft und Politik

KI entscheidet heute nicht nur über den ökonomischen Erfolg von Unternehmen, sondern auch über den politischen Erfolg von Nationen. China und USA kämpfen um technologische Vorherrschaft; Russland bekräftigt seine machtpolitischen Ansprüche mit dem Angriff auf die Ukraine und nutzt KI sowohl auf dem Schlachtfeld als auch im Cyberspace, um die Demokratien des Westens zu destabilisieren. China überwacht sein Milliardenvolk mittels KI auf Schritt und Tritt und liefert den Autokraten dieser Welt damit eine technologische Blaupause für einen digitalisierten Überwachungsstaat, in dem es keine privaten Freiräume mehr gibt.

Bezeichnenderweise gründet die immer noch weltbeherrschende Stellung der amerikanischen KI-Industrie auf ihrer engen Interessensverflechtung mit dem US Militär, das ohne KI ein zahnloser Tiger wäre. Ohne KI könnten wir unsere Freiheit ebenso wenig verteidigen, wie dem Klimawandel wirkungsvoll begegnen, beruhen doch alle Modellszenarien einer zukünftigen Erderwärmung auf KI-gestützten Berechnungen.

Auch unser persönliches Leben wird vom Zahlungsverkehr bis zur Gesundheitsvorsorge zunehmend von KI beeinflusst. Unsere Assistenzsysteme im Auto würden ohne KI ebenso wenig funktionieren, wie das Navi im Handy, Eisenbahnen stünden still und der Flugverkehr würde zusammenbrechen. Oftmals ist uns im Alltag gar nicht bewusst, wie sehr wir bereits von KI abhängig sind. Zunehmend wird KI unsere ganze Lebenswelt durchdringen und fundamental verändern. KI geht buchstäblich aufs Ganze. Bleiben wir ihr deshalb auf der Spur. 

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Thomas Rusche Digitale Transformation Künstliche Intelligenz Überwachungsstaat

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