Der Deutsche Ethikrat hat gestern in Berlin eine neue Stellungnahme zur Künstlichen Intelligenz vorgestellt. Die 288 Seiten umfassende multidisziplinäre Expertise trägt den Titel „Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz“. Mit ihr schreibt der Rat seine Stellungnahmen zu Big Data und Gesundheit (2017) sowie Robotik und Pflege (2019) fort.
Gegliedert ist die jüngste Stellungnahme in drei Teile. Der erste Teil behandelt technische, philosophische und methodischen Grundlage. Im zweiten Teil werden die zuvor angestellten Überlegungen auf den Feldern Medizin, schulische Bildung, Öffentliche Kommunikation und Meinungsbildung sowie Öffentlicher Verwaltung exemplarisch konkretisiert. Ein dritter Teil entfaltet relevante Querschnittsthemen und gibt übergreifende Empfehlungen.
Menschliche Entfaltung muss gefördert, statt behindert werden
Nach Ansicht des Rates reicht es für die ethische Bewertung digitaler Technologien nicht aus, sie bloß zu verstehen. In den Blick genommen gehörten auch die Wechselwirkungen mit den Personen, die sie verwendeten oder von ihrer Anwendung betroffen seien. Zentral sei dabei die Frage, welche Auswirkungen es habe, wenn Tätigkeiten, die zuvor Menschen vorbehalten waren, an Maschinen delegiert würden.
„Der Einsatz von KI muss menschliche Entfaltung erweitern und darf sie nicht vermindern. KI darf den Menschen nicht ersetzen. Das sind grundlegende Regeln für die ethische Bewertung“, erklärte die Vorsitzende des Ethikrates, die Münchner Medizinethikerin Alena Buyx, bei der Vorstellung der Stellungnahme auf einer Pressekonferenz.
Menschliche Intelligenz und die Übernahme Verantwortung bleiben unersetzbar
„Wenn menschliche Tätigkeiten an Maschinen delegiert werden, kann dies für verschiedene Personengruppen, Akteure und Betroffene ganz unterschiedliche Auswirkungen haben“, erklärte die Sprecherin der Arbeitsgruppe, Judith Simon. Die Professorin für Ethik in der Informationstechnologie an der Universität Hamburg betonte: „Daher ist es wichtig, genau hinzuschauen, für wen dies mit erweiterten Handlungsspielräumen verbunden ist und wessen Handlungsmöglichkeiten eher vermindert werden.“
„KI-Anwendungen können menschliche Intelligenz, Verantwortung und Bewertung nicht ersetzen“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Expertengremiums und stellvertretende Sprecher der zuständigen Arbeitsgruppe, Julian Nida-Rümelin. Dieser Schluss ergebe sich aus der Betrachtung zentraler philosophischer und anthropologischer Begriffe, die für das Verhältnis von Mensch und Maschine bedeutsam seien. Als da wären: „Intelligenz, Vernunft, Handlung und Verantwortung“, so der Philosoph, der auch Direktoriumsmitglied des Bayerischen Forschungsinstituts für digitale Transformation (BIDT) ist. DT/reh
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