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Der Fall Ostritsch in den Medien

Wie die Absage des Vortrags des „Tagespost“-Redakteurs an der Münchner Hochschule für Philosophie in der deutschen Presselandschaft gedeutet wird.
Stühle
Foto: Imago/imagebroker | Die Stühle bleiben diesmal Leer, der Vortrag wurde aufgrund von Protesten abgesagt. In der Presse wird der Fall eifrig diskutiert.

Matthias Heine kritisiert in der „Welt“ die Absage des Vortrags scharf und verbindet diese mit einer grundsätzlichen Kritik am Jesuitenorden sowie einem Verfall der Geisteswissenschaften und akademischen Kultur: „Der Jesuitenorden gilt schon lange als linker Flügel der katholischen Kirche. Deshalb ist das, was in München passierte, nur folgerichtig: Angehörige einer Hochschule, die sich immer noch als philosophische Kaderschmiede versteht, handeln wie Dünnbrettbohrer, die irgendwo den Bachelor in Kulturwissenschaft, Gender Studies oder Postcolonial Studies mehr mit linker Frömmigkeit als mit geistiger Brillanz erworben haben. […] Geisteswissenschaftler ohne Geist, Sprachwissenschaftler ohne Sprache, Theologen, die sich nicht für Gott interessieren und – wie jetzt in München sichtbar wurde –Philosophen ohne Weisheit und ohne jede Lust am Philosophieren.“

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Marco Gallina stellt in Tichys Einblick fest, dass der Vortrag von Dr. Ostritsch nicht aufgrund des Inhalts abgesagt wurde, sondern wegen der Person des Vortragenden. Das „Gedankenverbrechen“ von Ostritsch ist laut Gallina „lediglich sein Einhalten der katholischen Lehre“.

„Ostritsch, so lautete das ‚Framing‘ der Studenten, sei ein ‚rechtsextremer Fundamentalist‘. Tatsächlich ist Ostritsch Redakteur und Chef vom Dienst der renommierten katholischen Wochenzeitung Die Tagespost, eine der ältesten Nachkriegszeitungen im deutschsprachigen Raum, die Joseph Ratzinger einst als ‚unverzichtbar‘ bezeichnet hat. Dass die Tagespost ihr Profil behalten und sowohl gegen den Synodalen Weg wie auch gegen andere Zeitgeistigkeiten Kurs gehalten hat, verzeiht man ihr nicht – auch ihr wird nunmehr angelastet, ‚rechtskatholisch‘ zu sein, obwohl sie nichts anderes tut, als katholisch zu sein. Insbesondere, da sie mit der neuen Chefredakteurin Franziska Harter wieder deutlicher Position bezieht. Das sieht man freilich auch bei ‚liberalen Katholiken‘ mit Argwohn.“

Politisch motivierter Akt der „Cancel Culture“ 

In einem Interview mit der „Jungen Freiheit“ schildert Ostritsch selbst die Absage seines Vortrags an der Hochschule für Philosophie München als politisch motivierten Akt der „Cancel Culture“ und kritisiert einen mangelnden Rückhalt seitens der Hochschulleitung gegenüber dem Druck von Studenten: „Man kann mir gerne fachlich widersprechen. Dagegen ist nicht das Geringste einzuwenden. Die Politisierung meines Vortrags aber ging allein von den Studenten aus. Sinngemäß: ‚Der hat eine gefährliche Agenda; der darf hier nicht auftreten.‘ Aus irgendwelchen Chatgruppen heraus. Klassischer kann man sich Canceln eigentlich gar nicht vorstellen.“

Im „Cicero“ beschreibt Benjamin Leven, dass dass die Veranstaltung zunächst regulär angekündigt war und sogar intern mit dem Argument der Wissenschaftsfreiheit verteidigt wurde. Dennoch wurde sie nach einem Gespräch zwischen Hochschulleitung und Studentenvertretung endgültig abgesagt. „Darf jemand, der nicht links ist, an einer Jesuitenhochschule über Gottesbeweise sprechen?“, fragt Leven rhetorisch – und greift die Einschätzung der Soziologin Sandra Kostner vom „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ auf: „Studenten würden einen Redner ‚unter Zuhilfenahme stigmatisierender Schlagwörter – in diesem Fall ‚rechtsextrem‘ und ‚Fundamentalist‘ – als Gefahr darstellen. Die Etikettierung bedürfe inzwischen keiner näheren Begründung mehr, sie reiche aus, um ‚Leitungsebenen hinreichend zu verunsichern‘.“

Ideologisch motivierte Verengung

Lukas Steinwandter interpretiert in „Corrigenda"“ den Fall Ostritsch als weiteres Beispiel für eine ideologisch motivierte Verengung des akademischen Diskurses. In dem Artikel wird eine interne Versammlung an der Hochschule für Philosophie München geschildert, bei der Studenten Ostritsch verbal attackierten und mit Störungen drohen: „Wie Corrigenda von einem Teilnehmer erfuhr, waren neben der Hochschulleitung, der Studentenvertretung und der Verwaltung, die das Gespräch leitete, alle Professoren der Jesuiten vor Ort sowie rund 50 Studenten. Viele der anwesenden Studenten warfen der Hochschulleitung und Professor Zoll die üblichen Vorwürfe um die Ohren: Herr Ostritsch sei ein ‚Menschenfeind‘, sei ‚rechtsextrem‘, ein ‚Nazi‘, er arbeite für ‚rechte Blätter‘, er sei in der Berliner Bibliothek des Konservatismus aufgetreten, wo auch schon diese und jene schlimmen Leute gesprochen hätten. Die übliche Leier also. Eine Studentin verstieg sich, an die Hochschulleitung gewendet, zu der Äußerung: ‚Herr Ostritsch wünscht sich wie Charlie Kirk zu sein, wir können Sie aber beruhigen: Erschießen werden wir ihn nicht.‘ Ein Student kündige an: Sollte die Veranstaltung nicht abgesagt werden, werde sie ‚nicht ungestört‘ über die Bühne laufen.“

Den eigenen Auftrag verraten

Andrea Seaman schreibt in der „Achse des Guten“, dass die Münchner Jesuitenhochschule für Philosophie den eigenen Auftrag verrät: „Eine Hochschule, die sich selbst als ‚Ort des Dialogs und der Debatte‘ ausgibt, hat also den Dialog und die Debatte präventiv verhindert. Man hat nicht, wie es eine Universität tun sollte, ein Konfliktfeld geöffnet und darin Denken zugelassen. Man hat es geschlossen, bevor es überhaupt entstand. Damit setzt die Hochschule ein klares Signal. Wer laut genug Kampfbegriffe wie Farbbeutel wirft, kann Veranstaltungen verschwinden lassen. Für Studierende ist das eine verführerische Lektion. Es ist viel einfacher, jemanden öffentlich zum Fundamentalisten zu erklären, als sich durch seine Texte zu arbeiten. Es ist bequemer, Glühwein mit Protest zu verbinden, als sich hinzusetzen und eine saubere Kritik zu formulieren. Und es ist reizvoll, zu erleben, wie eine Institution sich unter dieser Mischung aus Pathos und Pression tatsächlich beugt.“

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Gustav Seibt greift in der „Süddeutschen Zeitung“  den abgesagten Vortrag als kultursoziologisches Phänomen auf und wirft einen skeptischen Blick beide Seiten des herrschenden Kulturkampfes. Er sieht darin vor allem ein weiteres Beispiel für die Verdrängung argumentativer Auseinandersetzung durch symbolische Empörung: „Es ist das Ende vor allem Theater, aber ein schädliches. Denn natürlich werden sich alle, die keine Lust auf solche Energieverschwendung haben, zurückhalten. Und die Lauten, die Rechthaber oder auch nur die, die Freude an Krawall und Machtausübung haben, werden schnüffeln und sich empören und gegenempören und die Gespräche blockieren. Ist die Meinungsfreiheit in Gefahr? Ostritsch kann sich auf seinen Foren weiter äußern, und seine Gegner bleiben weiter unter sich. Das ist keine Unfreiheit, aber es ist bedrückend kann fruchtlos.“

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