Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Filmrezension

"Von Vätern und Müttern": Helikopter-Eltern beim Hüttenwochenende

Paprika Steens Film handelt von Eltern, die sich als die eigentlichen Konfliktkinder herausstellen.
Für Paprika Steen ist "Von Vätern und Müttern" die vierte Regiearbeit.
Foto: Ida Marie Odgaard via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Für Paprika Steen ist "Von Vätern und Müttern" die vierte Regiearbeit.

Pernille, genannt Piv (Katrine Greis-Rosenthal) und Ulrik (Jacob Ulrik Lohmann) sitzen gemeinsam mit ihrer Tochter Hannah (Ida Skelbæk-Knudsen) beim Schuldirektor einer Elite-Privatschule. Es scheint fast zur Routine geworden zu sein, da Hannah oft die Schule wechselt – hauptsächlich, weil ihre Eltern vermeintlich das Beste für sie wollen. Schuldirektor Adrian (Lars Brygmann) ahnt bereits, dass er es mit sogenannten Helikopter-Eltern zu tun hat. Dennoch stimmt er zu, Hannah für das neue Schuljahr aufzunehmen. Bei der ersten Elternversammlung von Hannahs Klasse zu Beginn des neuen Schuljahrs erfahren Piv und Ulrik, dass es dort zur Tradition gehört, nicht nur an einem Elternabend – beispielsweise mit dem Motto „China“ –, sondern auch an der „Hüttenfahrt“ teilzunehmen: Kinder und Eltern verbringen einmal im Jahr ein gemeinsames Wochenende im Grünen.

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Paprika Steen, die als Schauspielerin mit den wichtigsten Regisseuren Dänemarks – Lars von Trier, Thomas Vinterberg, Søren Kragh-Jacobsen, Susanne Bier – zusammengearbeitet hat, und seit 2004 als Regisseurin tätig ist, liefert hier ihre vierte Regiearbeit ab. Wie bereits bei der Komödie „Alle Jahre wieder“ (2018) arbeitet sie hier erneut mit Drehbuchautor Jakob Weis zusammen. Die Elternversammlung dient dazu, das umfangreiche Ensemble des Spielfilms „Von Vätern und Müttern“ vorzustellen: Obwohl sich unterschwellig einige Konflikte abzeichnen, freuen sich alle – oder so sagen sie – auf die „Hüttenfahrt“, bei der diese Konflikte deutlich zutage treten, besonders wenn der Alkohol am ersten Abend reichlich fließt. Die Gruppendynamik erzeugt beispielsweise bei Lagerfeuer und einem Nacht-Geländespiel Spannungen innerhalb der Gruppe, Flirts und mehr sowie einige homoerotische Annährungsversuche.

Wenn Eltern sich und andere überfordern

Das eröffnet der Regisseurin komödiantische Möglichkeiten, insbesondere durch die leichte Überzeichnung der Figuren, die von den Darstellern mit viel Spaß verkörpert werden. Da ist zum Beispiel der übergewichtige Per (Rasmus Bjerg), der eine geheime Leidenschaft für Schokolade hegt und von den anderen nicht ernst genommen wird. Deshalb kriselt es in seiner Ehe mit Wencke (Lise Baastrup), die sich von dem geschiedenen Frederik (Martin Greis-Rosenthal) sexuell ausnutzen lässt. Tommy (Nikolaj Lie Kaas) interpretiert einige Signale von Frederik offensichtlich falsch. Lis (Merete Maerkedahl) verkörpert das Klischee einer woke Mutter, mit dem nicht zu spaßen ist, wenn es um zeitgeistkonformen Themen geht. Dazu gesellt sich ein herrlich arroganter Schuldirektor, der immer im Mittelpunkt stehen und von den Eltern bewundert werden möchte.

Zwar führt die Vielzahl der klischeehaft gezeichneten Figuren dazu, dass vieles oberflächlich bleibt. Doch Jakob Weis und Paprika Steen machen aus dieser Konstellation eine bittersüße Komödie über Eltern, die die ganze Aufmerksamkeit der Lehrer für ihre Kinder beanspruchen, aber letztendlich Bestätigung als Eltern suchen. Dabei bleibt der Ton nicht nur komödiantisch, sondern auch im Großen und Ganzen positiv, jedoch entlarvt der Film selbstbezogene Eltern, die miteinander konkurrieren, und dabei ihren Kindern richtig peinlich sind. Durch die Überzeichnung ihrer Figuren bieten die Filmemacher eine Komödie, bei der dem Zuschauer allerdings hin und wieder das Lachen im Halse stecken bleibt, wenn man hinter den Figuren solche real existierende Eltern vermutet, die unter dem Vorwand, das Beste für ihre Kinder zu wollen, eigentlich ihre eigene Selbstverwirklichung und Profilierung gegenüber anderen Eltern suchen.

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José García Lars von Trier

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