Die Entschuldigung kam spät – aber sie kam: In einer Mitteilung vom Montag entschuldigte sich das Metropolitankapitel des Erzbistums Paderborn sowohl bei den anwesenden Besuchern als auch bei zahlreichen Gläubigen für eine Performance der sowohl skurrilen als auch möglicherweise blasphemischen Art, die sich am 15. Mai im Hohen Dom ereignete.
„Tanz um den Altar“ auf die Spitze getrieben
Was war geschehen? Mit einem Festakt eröffneten der Landwirtschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die LWL-Kulturstiftung anlässlich des Jubiläumsjahres „1250 Jahre Westfalen“ die Ausstellung „775 – Westfallen“, in dessen Rahmen eine Performance des Ensembles Bodytalk auf dem Programm stand.
Im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Ministerpräsident Hendrik Wüst und Erzbischof Udo Markus Bentz tanzte einer der Künstler halbnackt vor dem Altar, bis dieser von einem weiteren halbnackten Akteur unterstützt wurde, der in einer großen Schüssel drei in Pampers gewickelte Hähnchen mit sich brachte und zum Gesang „Fleisch ist Fleisch“ (zur Melodie des 80er-Jahre-Opus-Hits „Live is live“) zu einem immer wilder werdenden Tanz startete.
Das Metropolitankapitel wusste im Vorfeld von nichts
Wie Bundespräsident Steinmeier diese Performance empfunden hat, ist nicht überliefert – doch sowohl Erzbischof Bentz als auch zahlreiche geladene Gäste und lokale Medienvertreter sollen vom Auftritt des Ensembles regelrecht entsetzt gewesen sein. Deswegen erfolgte jetzt wohl auch die klare Distanzierung vonseiten des Metropolitankapitels, welche zum Ausdruck bringt, wie groß in diesem Fall der Druck auf eine ansonsten auch gerne wortkarg in Erscheinung tretende kirchliche Institution gewesen sein muss: „Sowohl der LWL als auch das Metropolitankapitel Paderborn bringen ihr ausdrückliches Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Performance religiöse Gefühle verletzt hat. Eine solche Wirkung war zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt und entspricht auch nicht unserem Anspruch an diesen Ort mit seiner besonderen religiösen, historischen und kulturellen Bedeutung“ heißt es nun vonseiten des Metropolitankapitels.
Dennoch: Die eigentliche Frage neben dem „warum so spät?“ der Selbstdistanzierung des Metropolitankapitels vom missratenen Auftritt des Ensembles Bodytalk beim Festakt müsste lauten: „warum überhaupt?“ Das Metropolitankapteil liefert die Antwort gleich mit: „Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung dieses Programmpunktes war im Vorfeld weder den Verantwortlichen seitens der Veranstalter noch des Veranstaltungsortes bekannt.“
Unter Papst Leo XIV. könnten die liturgischen Zügel wieder angezogen werden
Nicht nur Außenstehende dürften sich angesichts dieser Aussage die Frage stellen, wie es sein kann, dass das Paderborner Metropolitiankapitel in puncto Veranstaltungen im eigenen Dom nicht das letzte Wort bezüglich deren Gestaltung hat – gerade um die Verletzung religiöser Gefühle, die nun auch vom Metropolitankapitel selbst wortreich beklagt wird, zu verhindern.
Da eine solche Haltung der jeweiligen Hausherren gegenüber in Sakralbauten stattfindenden Veranstaltungen sicherlich nicht nur auf das Erzbistum Paderborn beschränkt ist, sollte gerade angesichts eines liturgisch wieder stärker engagierten neuen Papstes sich die Frage gestellt werden, ob diese Zustände auch beziehungsweise gerade in religiös unmusikalischen Zeiten noch haltbar sind. Denn bei dieser Performance blieb der Beifall selbst bei vermeintlich progressiven Katholiken und Zeitgenossen eindeutig aus – deswegen sollte auch anderorts vor Paderborner Verhältnissen gewarnt sein.
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