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Sprachforscher kritisieren Gendern im Rundfunk

Gendern in öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei weder regelfonform noch ideologiefrei. Es führe zudem zur Sexualisierung der Sprache, sagen Wissenschaftler in einem Aufruf gegen diese Sprechweise.
Gendern in Lehrmaterialien
Foto: Bernd Weißbrod (dpa) | Schon der Rat der Deutschen Rechtschreibung hat Gender-Sonderzeichen verurteilt, weil diese die Verständlichkeit, Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten beeinträchtigen, schreiben ...

Die so genannte gendergerechte Sprache sei ideologisch, entspräche nicht dem Regelwerk der deutschen Rechtschreibung und spalte die Gesellschaft, schreiben knapp 200 Wissenschaftler aus der Europäischen Union (EU) in einem öffentlichen Aufruf vom Wochenende gegen das Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Gendersprache, die seit 2020 erheblich zugenommen habe, würde „zu einer ausgeprägten Sexualisierung der Sprache“ führen, so die Sprachforscher. Ihr Appell an Journalisten: "sich in Texten und Formulierungen an geltenden Sprachnormen zu orientieren und mit dem Kulturgut Sprache regelkonform, verantwortungsbewusst und ideologiefrei umzugehen"´— ganz so, wie es dem Wunsch der meisten Medienkonsumenten entspräche.  

Generisches Maskulinum keine Erfindung dieser Zeit

Studien und Kritik vor allem am generischen Maskulinum als einer "diskriminierenden Sprachform" weisen die Forscher entschieden zurück. Ein Maskulinum wie „Mensch“ könne eine Frau bezeichnen wie das Femininum „Person“ einen Mann und ein generisches Maskulinum wie „die Kunden” Menschen jeglichen Geschlechts bezeichnen würde.

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Zudem sei das generische Maskulinum keine Erfindung dieser Zeit, sondern bereits seit Jahrhunderten „ein Mittel, geschlechtsneutral zu formulieren“. Beim generischen Maskulinum die ethische Kategorie der Gerechtigkeit heranzuziehen, sei in Bezug auf grammatische Strukturen genauso untauglich wie eine Bezugnahme auf psycholinguistische Studien, mit denen Befürworter der Gendersprache ihre „Veränderungen des Sprachgebrauchs zu legitimieren“ versuchten. Diese Studien seien weder „empirisch gesichert“, weil sie die Kontextbidung vermissen ließen, sie würden auch „keinen belastbaren Beleg dafür“ liefern, „dass generische Maskulina mental vorrangig Bilder von Männern erzeugen“. 

Wo bleibt die Vorbildfunktion von Journalisten?

Überhaupt fehlten in der Diskussion um die Gendersprache sprachpragmatische, kommunikationstheoretische und sprachwissenschaftliche Aspekte.  So würden auch die gültigen amtlichen Rechtschreibregeln missachtet. Das widerspräche dem „im Medienstaatsvertrag formulierten Bildungsauftrag der Sender“. Wörtlich schreiben die Linguisten: „Statt ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, praktizieren und propagieren die Sender in ihrer Schriftnutzung (vor allem in den Online-Formaten) orthografische Freizügigkeit jenseits der verbindlichen Regeln.“

Gender-Sonderzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt oder Unterstrich habe der Rat für Deutsche Rechtschreibung verurteilt, weil diese die Verständlichkeit, Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten beeinträchtigen würden. Ganz abgesehen davon, dass Umfragen zufolge 75 bis 80 Prozent der Bevölkerung diese Sprache ablehne, halten die Wissenschaftler es für bedenklich, „wenn immer mehr Journalisten in Unkenntnis der sprachwissenschaftlichen Fakten den Jargon einer lautstarken Minorität von Sprachaktivisten in der Öffentlichkeit verbreiten und sich hierbei fälschlicherweise auf Sprachwandel berufen“ und zur Spaltung der Gesellschaft beitragen würden.

Unterschrieben haben neben deutschen Wissenschaftlern auch zahlreiche Sprachforscher und Wissenschaftler anderer Disziplinen, Journalisten und Ärzte aus Tschechien, Frankreich, Österreich, Skaninavien und Amerika.  DT/dsc

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