Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Reportage aus der US-Hauptstadt

Washington D.C., ein katholisches Wunderland

Washington D.C. ist nicht nur Hauptstadt eines der mächtigsten Länder der Welt, sondern auch Schauplatz der geistlichen Erneuerung des nordamerikanischen Kontinents.
Das katholische Washington
| Das Viertel Brookland in der US-Hauptstadt Washington D.C. trägt auch den Spitznamen „Little Rome“.

Schon wenige Schritte hinter der Metrostation „Brookland“ fällt auf: Der Stadtteil im Nordosten von Washington D.C. ist irgendwie anders. In eine angeregte Unterhaltung vertieft spazieren zwei junge Frauen vorbei, auf ihren T-Shirts steht „Catholic Soccer“. Die nächsten Passanten sind drei junge Dominikaner. Da muss irgendwo ein Nest sein, denkt sich der unbedarfte Besucher, als dann einige Minuten später eine Ordensfrau den Weg kreuzt.

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Im Gegensatz zu Downtown atmet die Gegend Kleinstadtcharakter, aber sie hat es in sich: Denn Brookland trägt seinen Spitznamen „Little Rome“ nicht umsonst. Alles begann im Jahr 1887, in dem die US-Bischöfe mit dem Segen von Papst Leo XIII. hier die Catholic University of America gründeten. „Deux lux mea est“ – „Gott ist mein Licht“ – lautet die Devise der Bildungsinstitution, deren Aufgabe es ist, auf Grundlage des überlieferten katholischen Glaubens und akademischer Exzellenz den Dialog zwischen Glaube und Vernunft zu fördern. Ganz bewusst legten die Bischöfe den Sitz der Universität nach Washington D.C., in die Schaltstelle von Politik und Medienbetrieb.

Das „Little Rome“ der USA

Doch dabei blieb es nicht: Nach und nach siedelten sich mehr und mehr Orden und religiöse Gemeinschaften in der Gegend an und verlegten ihre Studienhäuser in die Nähe der katholischen Universität, um ihren Nachwuchs dort Theologie und Philosophie studieren zu lassen. Dazu gehört auch das Dominican House of Studies mit dem Thomistischen Institut, das Kapuzinerkolleg oder das Ordenshaus der Missionarischen Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria.

Neben dem theologischen Kolleg für Seminaristen aus dem ganzen Land befindet sich hier auch das Priesterseminar der Erzdiözese Washington D.C. 16 Neupriester hat Kardinal Wilton Gregory im Juni geweiht, 72 weitere Seminaristen warten in den nächsten Jahren auf ihre Priesterweihe. Keine 700.000 Katholiken leben in dem Bistum – nur etwas mehr als in den Bistümern Essen oder Würzburg. Viele weitere Klöster, die US-Bischofskonferenz und das Militärbistum des Landes sind in Brookland angesiedelt. Kurzum: Die Anzahl an täglichen heiligen Messen pro Quadratkilometer ist hier ausgesprochen hoch.

„Welcome in Mini Vatican“, lacht die indische Ordensschwester schon am Eingang. Das Wohnheim der Religious of Mary Immaculate für Studentinnen an der Catholic University of America (CUA) liegt direkt gegenüber vom Redemptoristen-College, inmitten einer typisch amerikanischen Wohnsiedlung: quadratische Grundstücke, die charakteristischen Holzhäuser mit Veranda, amerikanische Fahnen in den Vorgärten.

Catholic University of America
Foto: Franziska Harter | Im Jahr 1887 gründeten die US-Bischöfe mit dem Segen von Papst Leo XIII. in Washington die Catholic University of America. „Deux lux mea est“ – „Gott ist mein Licht“ – lautet die Devise der Bildungsinstitution.

Auch während der langen Sommerferien ist das Wohnheim gut besucht: Seine zeitweiligen Bewohnerinnen arbeiten als Praktikantinnen im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten, in großen Anwaltskanzleien oder auch bei dem katholischen Fernsehsender EWTN. Manche machen Sommerkurse an der Universität, so auch Erin und Molly. Sie studieren Kirchenrecht und sollen danach als Ehe-Richterinnen an den Kirchengerichten ihrer Diözesen eingesetzt werden. Was sie an ihrem Studium und ihrer späteren Tätigkeit fasziniert? „Das Kirchenrecht dient seinem Ziel nach dem Heil der Seelen“, antwortet Molly.

Auch die Hochschulgemeinde der CUA macht keine Ferien. Aktuell bereiten sie den Nationalen Eucharistischen Kongress vor, der in der Folgewoche stattfindet und zu dessen Sponsoren die Universität zählt. Die Räumlichkeiten der Hochschulpfarrei liegen in der Caldwell Hall, dem ältesten Gebäude auf dem Campus, errichtet im gleichen gotischen Stil wie die moderneren Gebäude, die allerdings mit ihren sauberen Linien etwas nach Disneyland aussehen. So viel alteuropäische Arroganz muss sein. Zumal diese einem schnell vergeht, sobald deutlich wird, welch beeindruckende Arbeit im Inneren der steinernen Hüllen geleistet wird.

Gemeinschaft des Lehrens, Lernens und Glaubens

Seit 2022 leiten die Dominikaner die Hochschulpfarrei, unterstützt von Priestern und Schwestern der Saint John‘s Society, einer jungen argentinischen Gemeinschaft, die sich der Neuevangelisierung säkularisierter Gesellschaften verschrieben hat, und mehreren jungen Laien, insgesamt zwölf Personen in Vollzeit. Father Aquinas Guilbeau ist nicht nur Hochschulpfarrer, sondern auch der einzige Vizepräsident der Universität, der kein Laie ist. Er bezeichnet die Universität als Hochburg für gelungene Zusammenarbeit von Klerus und Laien, „im Dienst der Kirche und des ganzen Landes“.

Fast 80 Prozent der insgesamt rund 6.000 Studenten aus allen 50 US-Staaten sind katholisch. „Die Studenten kommen immer häufiger aufgrund der spezifisch katholischen Ausrichtung der Universität. Viele von ihnen suchen einen Ort, an dem sie nicht nur eine akademische Ausbildung erhalten, sondern auch gemeinsam mit anderen ihren Glauben leben können“, meint der Dominikaner.

Katholisches Washington
Natürlich zieht auch die Stadt Washington D.C. an, als Zentrum der Politik, der Medien- und Finanzwelt des großen Landes.

Natürlich zieht auch die Stadt Washington D.C. an, als Zentrum der Politik, der Medien- und Finanzwelt des großen Landes. An der CUA kann man eigentlich alles studieren, neben Theologie und Philosophie auch Medizin, Ingenieurswesen, Politik, Theater, Business und Finanzen und vieles mehr. Die Aufgabe der Campus-Gemeinde? „Die katholische Identität der Universität stärken und leben.“ Sechs Kapellen sind über den Campus verteilt, auch werktags werden hier fünf Messen gefeiert, die letzte um 22 Uhr abends. Dazu bieten die Patres tägliche Beichtgelegenheit an und drei Mal in der Woche eucharistische Anbetung, zum Teil mit von Studenten gestaltetem Lobpreis. „Außerdem feiern wir die Feste von Heiligen unterschiedlicher ethnischer Herkunft, um auch die vielen ethnischen Gruppen auf dem Campus anzusprechen“, so Guilbeau.

Darüber hinaus gehört die Sakramentenvorbereitung zu den Aufgaben der Hochschulpfarrei. Jedes Jahr lassen sich hier Studenten taufen und firmen. Neben Bibelgruppen, Lektürekreisen und katechetischen Abenden gehört auch der Dienst am Nächsten dazu: Über die Campus-Gemeinde können Studenten Aushilfsunterricht in den umliegenden Schulen geben, Pflegeeinrichtungen besuchen, Mahlzeiten an Obdachlose ausgeben oder sich in der großen Pro-Life-Hochschulgruppe engagieren. „Genau das suchen viele Studenten und ihre Familien hier auch: eine Umgebung, in der sie nicht nur eine exzellente Ausbildung bekommen, sondern wo auch der Glaube gefördert wird“, meint Guilbeau.

„Erbaulich“ findet er es, wie die Studenten mit den aktuellen politischen Spannungen in der amerikanischen Gesellschaft umgehen. „Die CUA ist kein Protest-Campus, im Gegenteil, unsere jungen Leute bemühen sich, Konflikte durch Gespräch und Gemeinschaft zu lösen.“ Und auch durch Gebet: Nach dem 7. Oktober kamen Studenten palästinensischer Herkunft auf ihn zu, um ein gemeinsames Friedensgebet auf dem Campus zu organisieren, gemeinsam mit ihren jüdischen Kommilitonen.

Ein einmaliges Nationalheiligtum

Das fand dann auch statt, und zwar in dem direkt neben dem Campus gelegenen Nationalheiligtum der Unbefleckten Empfängnis. Dies ist nicht nur die größte Kirche der USA und einer der größten Kirchenbauten weltweit – mit 139 Metern Länge ist das Kirchenschiff länger als das des Kölner Doms –, sondern vor allem ein Ort, der zeitlose Marienverehrung atmet und den Besucher trotz seiner Maße nicht erschlägt, sondern ins Gebet zieht. 1847 ernannte Papst Pius IX. die Muttergottes unter dem Titel der Unbefleckten Empfängnis zur Patronin der Vereinigten Staaten. 1920 begann der Bau zu dem Nationalheiligtum, das Papst Johannes Paul II. 1990 in den Rang einer Basilica minor erhob. 

Im romanisch-byzantinischen Stil ganz aus Stein, Ziegeln, Fliesen und Marmor errichtet und mit zahllosen Mosaiken ausgestattet, muss sich die imposante Kirche trotz ihres zarten Alters neben den ehrwürdigen Bauten Europas nicht schämen. Einzigartig sind die über 80 Kapellen mit Mariendarstellungen und -statuen aus der ganzen Welt, darunter auch Mariazell und Altötting. Dahinter stand der Wunsch, Amerikas Gesellschaft als Schmelztiegel der Ethnien und Nationalitäten abzubilden, was zweifellos gelungen ist. Der Ort zieht jährlich hunderttausende Pilger und Besucher aus dem ganzen Land an, die fast zu jeder Tageszeit auf eine heilige Messe und Beichtgelegenheit rechnen können.

Hier wächst, was anderswo schrumpft

Immaculate Conception, „Unbefleckte Empfängnis“, ist auch der Name einer Pfarrei in Downtown, die aus ganz anderen Gründen ein Kuriosum darstellt. Die Anfahrt gestaltet sich etwas schwierig, denn der NATO-Gipfel ist gerade vorbei und die Pfarrkirche befindet sich direkt hinter dem Convention Center, einem der Austragungsorte des Gipfels. Glücklicherweise hat Father Charles einen guten Kontakt zum Secret-Service-Verantwortlichen, der dafür gesorgt hat, dass der Zugang zur Kirche schnell wieder freigeräumt wurde.

Es ist Sonntag, 11 Uhr, die Messe startet gleich, aber eines passt nicht ins gewohnte Bild: Die umfangreiche Sonntagsgemeinde besteht fast ausschließlich aus Leuten unter 40. Es ist eine Gegend, in der viele junge Menschen wohnen, aber die Pfarrei zieht zunehmend auch solche an, die weiter entfernt wohnen und eine längere Fahrt auf sich nehmen, um gerade hierher zu kommen. Es ist eine Pfarrei, deren Wachstum auch die Covid-Pandemie nicht aufhalten konnte.

Wie kommt‘s? Erin Donn ist eine der beiden Vollzeitangestellten der Pfarrei, mit dem Titel „Pfarreimissionarin“. Das schien ihr und Pfarrer Charles Gallagher irgendwie passend für ihre neuartige Aufgabe. Erin organisiert die pastoralen Aktivitäten der Pfarrei, pflegt aber vor allem den persönlichen Kontakt zu den Gläubigen. Sie und Father Charles konzentrieren sich dabei besonders auf die jungen Berufstätigen. „Es geht nicht darum, dass junge Menschen unter sich sein wollen, schließlich gehören alle Generationen in eine Pfarrei, sondern darum, wie sich eine Pfarrei aufstellt. Wenn zum Beispiel die einzige Bibelgruppe donnerstags um 10 Uhr morgens stattfindet, dann ist das für junge Berufstätig eben nicht gerade hilfreich“, erklärt Erin aus eigener Erfahrung.

Die Pfarrei setzt daher auf niederschwellige Angebote zu passenden Uhrzeiten und mit einem authentisch katholischen Kern. Ein Dutzend junge Leute hilft ehrenamtlich bei der Organisation. Alle zwei Wochen lädt die Pfarrei zu einem informellen Zusammenkommen nach der Sonntagsmesse im Innenhof ein, wie auch heute. Donnerstags abends gibt es die „Holy to happy hour“ mit einem einfachen Konzept: eine Stunde eucharistische Anbetung, manchmal mit Musik, danach Drinks und gemütliches Beisammensein. Einmal im Monat findet ein Abendessen mit kurzer Bibellektüre und gemeinsamem Austausch statt. 

Willkommenskultur wird großgeschrieben

Willkommenskultur wird dabei ganz großgeschrieben. „In den USA ist es eine Art running joke, dass Protestanten in Sachen Gastfreundschaft super sind, Katholiken aber nicht. Das ändern wir“, lacht Erin. Mit neuen Pfarreimitgliedern trifft die junge Frau sich auf einen Kaffee. „So gibt es für sie schon ein bekanntes Gesicht, wenn sie eine Veranstaltung besuchen, das macht es leichter, in eine Gruppe aus fremden Leuten hineinzukommen.“ Das gelte besonders auch für Menschen, die vielleicht mit dem Glauben nicht so viel am Hut haben oder als frisch Hinzugezogene auf der Suche nach einem neuen Freundeskreis sind. 

„Die Idee ist, dass sie bei unseren sozialen Events einfach ganz normale Leute kennen lernen können, die ganz normale Sachen machen. Vielleicht schaut man dann beim nächsten Mal nicht nur zusammen Football, sondern kommt auch mal zu einer Bibelstunde!“, so Erin. 

Katholisches Washington DC
Foto: Franziska Harter | Die Pfarrei der Unbefleckten Empfängnis liegt in einer Gegend, in der viele junge Menschen wohnen, aber sie zieht zunehmend auch solche an, die weiter entfernt wohnen und eine längere Fahrt auf sich nehmen.

Tatsächlich lassen sich in der Pfarrei zur Unbefleckten Empfängnis jedes Jahr einige Erwachsene taufen, dieses und letztes Jahr waren es jeweils um die 20. Father Charles Gallagher war früher Studentenpfarrer an der George Washington University und hat sich dort von den FOCUS-Missionaren inspirieren lassen. „One-to-one discipleship“ und „small group discipleship“ lauten die Stichworte, die der Mitvierziger im Gespräch fallen lässt: Jüngerschaft durch persönliche Beziehung und in kleinen Gruppen.

Seit einiger Zeit haben er und Erin Donn daher ein neues Programm auf die Beine gestellt, das inhaltlich auf einer Vorlage der Steubenville Conferences aufbaut, die zur bekannten Franziskaneruniversität Steubenville in Ohio gehören. Mehrere kleine Jüngerschaftsgruppen aus drei oder vier Personen treffen sich ein Jahr lang wöchentlich, lesen gemeinsam aus der Bibel, dem Katechismus und den Kirchenvätern, beten zusammen und werden Freunde. „Der Gemeinschaftsaspekt ist unheimlich wichtig, gerade auch, um Neugetaufte einzubinden - sonst sind sie erfahrungsgemäß oft in ein paar Jahren wieder weg“, meint Father Charles. Die Idee ist auch, dass die Leute, die an einer solchen Jüngerschaftsgruppe teilgenommen haben, im Folgejahr selbst eine leiten.

Die Früchte sind da, auch auf einer anderen Ebene: Father Charles hat ständig so um die 30 Paare, die er auf die Hochzeit vorbereitet. Auch dieses Wochenende finden zwei Hochzeiten statt, eines der Paare hat sich hier in der Kirche kennengelernt. Das ist zwar nicht das Hauptziel der pfarrlichen Aktivitäten, aber eben ein Nebeneffekt der so entstandenen Gemeinschaft. Einmal im Jahr organisiert die Pfarrei mittlerweile auch ein katholisches Speed Dating. Nach einer ersten Runde mit 170 Teilnehmern sind die Anmeldungen nun immer auf 100 Personen begrenzt.

Was zieht die jungen Menschen an? „Wir machen das, was wir am besten können!“, antwortet Father Charles wie aus der Pistole geschossen. Heißt: Heilige Messe, Anbetung, Beichte. Seit Father Charles Pfarrer ist, hat die Pfarrei die Beichtzeiten schrittweise erhöht, jetzt gibt es jeden Tag Beichtgelegenheit und wöchentlich vier Mal eucharistische Anbetung. „Womit könnte ich meine Zeit besser verbringen als mit sieben oder acht Stunden Beichtehören in der Woche? Dazu braucht man als Priester nicht heiliger oder schlauer als andere zu sein. Es reicht, wenn man sich verfügbar macht“, meint er knapp. „Auch ästhetisch versuchen wir nicht, irgendetwas nachzuahmen, was andere eh besser können“; statt Pop- oder Rock-Messen also Orgelmusik, Weihrauch, die Missa de Angelis und Abendmessen im Kerzenlicht. Dabei hilft sicher, dass sich die Kirche auch optisch sehen lassen kann: Immaculate Conception ist eine neugotische Backsteinkirche aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, deren rote Fassade schon von weitem aus dem Häuserblock hervorleuchtet.

Geheimwaffe mit drei Ps

Pioniere seien sie nicht, wiegelt Father Charles ab, „andere machen es genauso und es funktioniert“. Das stimmt, wie ein Szenenwechsel ins benachbarte Arlington beweist. Wo Brookland das katholische Studentenviertel ist, so ist Arlington der Ort, an dem sich katholische Familien niederlassen, aber auch junge Leute, die es für ihren ersten Job nach der Uni in die Hauptstadt zieht. „P3“ heißt die Geheimwaffe, die die Pfarrei Saint Charles einsetzt, um jungen Menschen eine Heimat zu bieten: „Prayer, Penance, and Pub“ – Gebet, Buße, Pub.

Rund 70 Personen knien an diesem Mittwochabend in der halbrunden Kirche vor dem Allerheiligsten. Außerhalb der Ferienzeit sind es manchmal an die 200. Zwei Stunden ist das Allerheiligste ausgesetzt, währenddessen hört Pfarrvikar David Dufresne in der Sakramentskapelle Beichte. Nach dem eucharistischen Segen hält er eine Katechese. Heute geht es um die Enzyklika Evangelium Vitae von Papst Johannes Paul II. Lebensschutz ist und bleibt ein heißes Eisen in der US-amerikanischen Politik und die Kirche vertritt eine eindeutige und klar artikulierte Position. Danach zieht die Mannschaft für den gemütlichen Teil in den Pfarrsaal.

Caroline gehört zu den regelmäßigen Besucherinnen von P3. Sie hat hier sogar ihren Mann kennengelernt und leitet heute auch eine Bibelgruppe für junge Frauen. „Ich komme hierher, weil die Pfarrei wirklich eine Kultur der Gemeinschaft und des Miteinanders pflegt. In einer Zeit, in der so viele junge Menschen die Kirche verlassen, ist es toll zu sehen, dass so etwas möglich ist.“ Einige ihrer Freunde hätten auf diese Weise sogar wieder den Weg zurück zur Kirche gefunden, freut sich die 26-Jährige. „Junge Menschen suchen die Wahrheit, sie suchen Gott und sie suchen Gemeinschaft. All das finden sie hier“, ergänzt Vikar Dufresne. „In der Katechese erhalten sie intellektuelle Nahrung, durch das Gebet geistliche. Sie haben die Möglichkeit, zu beichten und sich danach gemeinsam zu treffen. Innerhalb von nur zwei Stunden antwortet P3 auf einige der tiefsten Sehnsüchte des menschlichen Herzens.“

Gewissen bilden statt Politik machen

Wie gehen Pfarreien mit den politischen Spannungen um, die die Gesellschaft in den USA zu zerreißen drohen? Schlagen sie sich auch auf das Miteinander in den Gemeinden nieder? In Saint Charles ist Politik kein Thema, meint Father Dufresne: „Ich habe den Eindruck, je weniger die Menschen religiös sind, desto mehr wird Politik ihre Religion. Das kann sich dann auch im Gemeindeleben niederschlagen. Da müssen wir den Menschen immer wieder sagen: Wir sind zuerst Christen, dann Amerikaner und dann erst Demokraten oder Republikaner.“

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Die Aufgabe der Kirche ist für Dufresne, das Evangelium zu verkünden. „Dazu gehört aber eben auch das Evangelium des Lebens“, so der Vikar der Pfarrei, die sich aktiv im Lebensschutz engagiert. Ähnlich sieht es Father Charles der Immaculate Conception-Pfarrei. „Unsere Aufgabe ist es, den Menschen zu helfen, mit Gott in Beziehung zu treten, dann aber auch ihre Gewissen zu bilden, anhand des Evangeliums und der katholischen Soziallehre“, so der Priester einer Gemeinde, von deren jungen Mitgliedern viele in einem politischen Kontext arbeiten, etwa als Angestellte im Weißen Haus, am Obersten Gerichtshof oder als parlamentarische Assistenten im Kapitol.

„Wir lassen auch solche Themen nicht aus, die aus Sicht der Kirche unverhandelbar sind, etwa der Schutz der natürlichen Familie oder des menschlichen Lebens, aber wir sprechen nicht über politische Parteien“, so Father Charles. „Den besten Dienst, den wir als Kirche unseren Gläubigen erweisen können, ist geistliche Führung und genau das ist es, was die Leute von uns erwarten.“ Das heißt nicht, dass Katholiken nicht politisch engagiert wären   im Gegenteil. Aber das ist eine andere Geschichte.

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