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Lob und Kritik für Benedikt nach Zölibats-Äußerungen

Während der emeritierte Papst für seine Verteidigung des Zölibats hierzulande überwiegend kritisiert wird, sind aus dem Ausland auch anerkennende Stimmen zu vernehmen.
Benedikt warnt: Zölibat darf nicht aufweichen
Foto: - (Vatican Media) | Papst Franziskus und der emeritierte Papst Benedikt XVI. unterhalten sich im November 2018 im Kloster "Mater Ecclesiae".

Fast sieben Jahre nach seinem Rücktritt erschüttert der Papa emeritus die katholische Welt. Von den deutschen Medien ist das ehemalige Kirchenoberhaupt für seine eindringliche Warnung vor einer Aufhebung des Zölibats mehrheitlich kritisiert worden. „Die Tagesschau“  beispielsweise bezeichnete die Rückmeldung als „Schlag in die Magengrube“. Benedikt ziehe „Schreiben und Belehren“ dem „Schweigen und Beten“ vor. Er fahre damit „Papst Franziskus und allen Katholiken, die sich um eine Modernisierung ihrer Kirche bemühen, gleich doppelt in die Parade“, so ARD-Kommentatorin Anja Würzberg.

Modell eines "ehemaligen Papstes" gescheitert

Christoph Strack von der Deutschen Welle monierte, dass das Modell eines „ehemaligen Papstes“ gescheitert sei. Zum Gebet in der Verborgenheit gehöre auch das „Strippenziehen“. Laut Strack würde Benedikt entweder „instrumentalisiert“ – namentlich von Erzbischof Georg Gänswein – oder fahre „bewussten Kurs gegen seinen Nachfolger.“

Beschwichtigend äußerte sich hingegen der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg. „Diese Ansichten zum Zölibat haben wir schon häufiger gehört, sie sind ernst zu nehmen“, erklärte er am Montag in Bonn. Gleichzeitig betonte er, dass es sich um die Meinung eines emeritierten Papstes handele. Das sei vergleichbar mit der privaten Wortmeldung eines Bischofs im Ruhestand.

"Das hat nichts mit dem Zölibat zu tun.
Hier geht es um die Freiheit des einen
Papstes Franziskus und den synodalen Prozess"
Massimo Faggioli, Kirchenhistoriker

Im Ausland reagierte man mit Lob und Kritik auf die Wortmeldung des emeritierten Papstes: So twitterte der Kirchenhistoriker Massimo Faggioli: „Das hat nichts mit dem Zölibat zu tun. Hier geht es um die Freiheit des einen Papstes Franziskus und den synodalen Prozess.“ Die Katholische Kirche brauche offensichtlich ein Gesetz hinsichtlich dieser Situation, „die von einem arbeitsunfähigen ‚Papa emeritus‘ und seiner Entourage geschaffen wurde.“ Der Franziskus-Biograf Austen Ivereigh spekulierte über den Gesundheitszustand Ratzingers, der sich nicht länger als eine halbe Stunde konzentrieren könne. „Wenn er Ansichten äußert, die Franziskus unterminieren, dann heißt das, dass er von den üblichen, skrupellosen Höflingen manipuliert wurde.“ Kurt Martens, Professor für Kanonisches Recht, betonte, Benedikt hätte seine Chance gehabt. „Ein ehemaliger Papst sollte sich über gar nichts in der Öffentlichkeit äußern.“

Matthew Schmitz, Chefredakteur von First Things, nahm den Papa emeritus in Schutz. „Benedikt XVI. und Kardinal Sarah haben eine eloquente Verteidigung des Zölibats geschrieben, keine Attacke auf Papst Franziskus“, so Schmitz. Das Buch sei „nichts Geringeres als ein Ruf zu den Waffen – nicht um weltliche Waffen zu erheben, nicht um die christliche Einheit mit erbitterten Worten zu brechen, sondern um das Schwert des Heiligen Geistes zu führen, welches das Wort Gottes ist.“ Ähnlich äußerte sich Christopher Altieri vom Catholic Herald. Zwar würden Kirchenbeobachter schnell verstehen, dass die Autoren zumindest auch ein Auge auf die deutsche Situation gelegt hätten. Aber Benedikt und Sarah hätten eine „theologische Überlegung“ angeboten, die hilfreich bleibe, unbekümmert möglicher „Ausnahmen“, die Franziskus vornehmen oder nicht vornehmen könnte.

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Tradition hat ihr Gewicht und ihre Berechtigung

Andrea Tornielli bestätigte diese Sicht auf Vatican News. Im Gespräch mit Rabbi Abraham Skorka habe Franziskus den Zölibat unterstützt: „Wenn man all die Pros und Kontras zusammennimmt, dann gab es in zehn Jahrhunderten mehr positive als negative Erfahrungen. Tradition hat ihr Gewicht und ihre Berechtigung.“

In dem am Mittwoch auf Französisch erscheinenden Buch „Des profondeurs de nos coeurs“ („Aus den Tiefen unserer Herzen“) schreibt Benedikt, die Ehe betreffe den Menschen in seiner Gesamtheit, und da der Dienst für den Herrn gleichermaßen die totale Hingabe des Menschen erfordere, sei es nicht möglich, beide Berufungen gleichzeitig zu realisieren. „Ich glaube, dass der Zölibat eine große Bedeutung in sich trägt als Verzicht auf einen möglichen irdischen Besitz und auf ein Leben im Kreis der Familie.“ Der Zölibat sei sogar unerlässlich, so der emeritierte Papst, „damit unser Weg hin zu Gott das Fundament unseres Lebens“ bleiben kann.

DT/mga

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Kirche