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Lieberknecht: Die Kirche hat in der Krise versagt

Christine Lieberknecht und Hartmut Löwe werfen den Kirchen Versagen vor und üben scharfe Kritik.
Thüringen - Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin
Foto: Martin Schutt (ZB) | Christine Lieberknecht, CDU, ehemalige Ministerpräsidentin und Theologin übt scharfe Kritik an der Kirche.

Die frühere Ministerpräsidentin Thüringens Christine Lieberknecht (CDU) und der ehemalige Militärbischof Hartmut Löwe hatten unabhängig voneinander Kritik an ihrer Kirche geäußert. Lieberknecht warf der Kirche im Zusammenhang mit der Coronakrise Versagen vor. Die Kirche, so die Theologin, habe in dieser Zeit hunderttausende Menschen allein gelassen. "Es sind 8.000 Menschen an Covid-19 gestorben, aber seit März auch 150.000 Menschen aus anderen Gründen. Wo war da das Wort der Kirchen?", sagte Lieberknecht in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“.

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Schließung der Gotteshäuser unnötig

Nach dem Infektionsschutzgesetz hätten die Seelsorger ein Recht gehabt, Sterbende zu begleiten, betonte Lieberknecht. Besuchsverbote in Pflegeheimen hatten zur Folge, dass zahlreiche Menschen ohne Begleitung von Angehörigen und Seelsorgern sterben mussten. Ein klares Wort der der Kirchen hätte sie sich dazu gewünscht. Die Kirchen seien schließlich nicht irgendeine zivilgesellschaftliche Organisation. Weiter kritisierte sie das Schließen der Gotteshäuser als unnötig. Christine Lieberknecht war bis zu ihrem Einstieg in die Politik 1990 selber Gemeindepfarrerin. Sowohl die katholischen Bistümer als auch die evangelischen Landeskirchen hatten die staatlichen Vorgaben in ihren Vorschriften zu Gottesdiensten und Seelsorge zum Teil an Strenge übertroffen.

Es fehlte ein geistliches Wort

Scharfe Kritik an den Kirchenoberen übte auch der frühere evangelische Militärbischof Hartmut Löwe. Der Theologe prangerte in einem Kommentar für die FAZ die Sprachlosigkeit derer an, die sich seiner Ansicht nach „sonst an Stellungnahmen zu allem und jedem überbieten“. Es habe an einem geistlichen Wort zu Corona gefehlt. 

Die Rede von der Heimsuchung sei aus der Rede der Kirche verschwunden, stellte der Bischof fest und spielte damit auf die Frage an, ob man die Pandemie als Strafe Gottes betrachten könne. Sowohl katholische als auch evangelische Amtsträger und Theologen hatten das bestritten. Wer nicht vom Zorn Gottes zu sprechen vermöge, schrieb der Theologe, verderbe auch die Rede von Gottes Liebe. Sie werde dann zu einer diffusen Gefühlsduselei. 

DT/pwi

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