Es war Jorge Mario Bergoglio, der am Freitagabend „der Stadt und dem Erdkreis“ den eucharistischen Segen gespendet hat – in Zeiten größter Not, in denen die Weltbevölkerung gegen die unheimliche Corona-Epidemie kämpft. Aber selten ist in diesem Pontifikat die Person so sehr hinter das Amt zurückgetreten. Ja, es war der Papst, der gesprochen und den Segen gespendet hat.
Die Botschaft: Nur in Gott liegt das Heil
Aber es war mehr: Es war der eucharistische Herr, der auf dem kleinen Altar in der Vorhalle des Petersdoms stand. Es waren die Marien-Ikone „Salus Populi Romani“ und das Pestkreuz aus dem sechzehnten Jahrhundert mit dem Gekreuzigten vor der Fassade der Basilika, vor denen Franziskus betete. Es waren die Worte aus dem Evangelium, mit denen Jesus die Jünger beruhigte, als der Sturm ihr Boot zum Kentern zu bringen drohte. Es war die katholische Kirche, die da in einem beispiellosen Akt in einem Augenblick, in dem die Pandemie immer mehr Angst und Schrecken verbreitet, der ganzen Menschheit eine Botschaft vermittelt hat: Nicht im Machbarkeitswahn dieser Welt liegt das Heil, sondern nur in Gott, der diese Welt geschaffen hat.
Hatte man sich bei den Blüten der „Amazoniade“ um die letzte Bichofssynode herum manchmal gefragt, was denn daran noch katholisch ist und ob da nicht ideologische geprägte Interessengruppen der Kirche einen Paradigmenwechsel verordnen wollen, so war der Segen „Urbi et orbi“ am Freitag urkatholisch. Die Inszenierung war perfekt – die Sprache des Ereignisses war überall auf der Welt zu verstehen: Die einbrechende Dämmerung, der strömende Regen, die Feuerschalen, aus denen dichter Rauch in den Abendhimmel stieg. Aber dann die schützende Vorhalle, in der die Monstranz mit dem Leib Christi strahlte und mit der der Papst schließlich allen Völkern und Nationen den Segen erteilte.
Franziskus hat Gott selbst hervortreten lassen
Die katholische Kirche ist die einzige Institution auf der Welt, die noch „urbi et orbi“, universal und für alle sichtbar, solche Zeichen setzen kann. Die klugen und appellativen Ansprachen der Staatspräsidenten und Regierenden aus ihren Amtsräumen heraus – in Italien sprach eine Stunde nach dem Papst Präsident Sergio Mattarella auf allen Fernsehkanälen – sind im Vergleich dazu nichts. Franziskus hat an diesem Abend Gott selbst hervortreten lassen, in Worten und Bildern. Das hatte dann nichts mehr mit seiner Person zu tun, sondern nur noch mit dem, in dessen Vollmacht der Stellvertreter Christi auf Erden zu handeln hat.
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